Die große Angst vor dem Riesen GoogleGründer Page und Brin tragen noch heute am liebsten Jeans und T-ShirtIn zehn Jahren zum Weltkonzern

Mountain View. Als Larry Page und Sergey Brin im September 1998 Google gründeten, planten sie nicht nur den Aufbau einer Internet-Suchmaschine. Schon damals entwickelten die beiden Studenten der kalifornischen Elite-Universität Stanford die Vision von einem Service, mit dem man alle verfügbaren Informationen auf der Welt organisieren und universell zur Verfügung stellen kann

Mountain View. Als Larry Page und Sergey Brin im September 1998 Google gründeten, planten sie nicht nur den Aufbau einer Internet-Suchmaschine. Schon damals entwickelten die beiden Studenten der kalifornischen Elite-Universität Stanford die Vision von einem Service, mit dem man alle verfügbaren Informationen auf der Welt organisieren und universell zur Verfügung stellen kann. Die Leistungsfähigkeit der Google-Anwendungen verbreitete sich schnell durch Mund-zu-Mund-Propaganda im Netz und führte zum imposanten Aufstieg der Garagenfirma zum Internetgiganten. Millionen von Anwendern schätzen heute die Qualität und Nützlichkeit der Google-Dienste und können sich ein Online-Leben ohne Google kaum vorstellen. Unter Informatikern gilt Google als Top-Arbeitgeber, und das nicht nur, weil Getränke und Essen kostenlos serviert werden. Doch was unzählige Internet-Nutzer fasziniert, löst bei manchen von ihnen auch abgrundtiefe Ängste aus. Kritiker warnen vor einem Wissensmonopol des Konzerns und dem Missbrauch der von Google gespeicherten Daten. "Google beherrscht den Markt von Suchmaschinen, Geosoftware und sozialen Netzen immer stärker", sagt Max Mühlhäuser, Professor an der TU Darmstadt. Mühlhäuser stört sich vor allem an einer mangelnden Offenheit des US-Konzerns. "Google ist einerseits eine hochinnovative Firma, die die IT-Branche nach vorne peitscht. Andererseits ist mir als Informatiker in 25 Jahren kein Unternehmen begegnet, das eine so konsequente Abschottungspolitik betrieben hätte", sagt der Wissenschaftler. Google beteilige sich bewusst nur minimalistisch am weltweiten Austausch von Forschungsergebnissen. "Von Google angeworbene Mitarbeiter verschwinden förmlich in einem schwarzen Loch." Die Kritik betrifft aber auch direkt die Google-Dienste: So klagt die Organisation Privacy International, dass Google massiv den Datenschutz unterlaufe. Besonders kritisch sei etwa, dass Google den Text von E-Mails in Googlemail auswertet, um kontextbezogene Werbung zu platzieren. "Google verstößt mit diesem Dienst gegen mehrere europäische Datenschutzbestimmungen", sagt Simon Davies, Director von Privacy International. Kritiker wie der österreichische Journalist Gerald Reischl, Autor des Buches "Die Google-Falle", sehen allein in der schieren Masse der Daten, die der Internetgigant auf seinen Servern speichert, ein Problem. "Google ist dabei, der weltweit größte Herausgeber, Händler und Archivar von Informationen zu werden", sagt Reischl. Außerdem erlaube Google Regierungen und Militärs, Ergebnisse der Suchmaschine zu zensieren. In der Zensurdebatte wurde Google (wie auch dem Konkurrenten Yahoo!) vorgeworfen, sich dem Unterdrückungsapparat in China unterworfen zu haben, um auf dem gigantischen Markt Fuß fassen zu können. Google betont, dass das Sperren von Inhalten zwar der Firmen-Richtlinie "Tue nichts Böses" widerspreche, dass aber ein Rückzug aus China für die Bevölkerung noch negativere Folgen habe. "Überhaupt keine Informationen zur Verfügung zu stellen, widerspricht noch mehr unserem Unternehmensziel", erklärte ein Google-Sprecher im Januar 2006. Besonders kritisch bewerten Datenschützer die jüngsten Vorstöße von Google in den milliardenschweren Gesundheitsmarkt. Unter "Google Health" organisiert der US-Konzern inzwischen nicht nur die Suche nach Themen wie Allergien oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Auf der Site kann man in den USA nach Ärzten in der Umgebung suchen und sogar seine eigenen Krankenakten, Verschreibungen und Testergebnisse auf die Google-Server laden. Noch weiter als "Google Health" geht das kalifornische Startup-Unternehmen 23andMe, das im Firmennamen auf die 23 Chromosomenpaare des Menschen anspielt und DNA-Analysen anbietet. Für knapp 1000 Dollar (700 Euro) kann man dort sein Erbgut beispielsweise auf Krankheitsveranlagungen untersuchen lassen. "Private Genanalysen werden bald ganz alltäglich sein", sagt Anne Wojcicki, die zusammen mit einer Freundin 23andMe leitet. Den Großteil des Startkapitals für 23andMe hat Wojcicki von ihrem Ehemann als Hochzeitsgeschenk erhalten - dem Google-Mitbegründer Sergey Brin.Mountain View. Beim ersten Treffen im Jahr 1995 sollen sich die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin nicht gemocht haben. Der 24-jährige Page und der ein Jahr jüngere Brin stritten über jedes Thema, auf das die Sprache kam, besagt die offizielle Google-Geschichte. Es war erst die Arbeit an ihrer Internet-Suchmaschine, die die beiden zusammenschweißte. Beide Google-Gründer kommen aus Wissenschaftler-Familien. Der Vater von Larry Page war Professor für Computer-Wissenschaften und künstliche Intelligenz, seine Mutter unterrichtete Programmier-Sprachen. Da wundert es nicht, dass Larry sich bereits im zarten Alter von sechs Jahren für PCs begeisterte. Brin kam mit sechs gerade erst in den USA an: Seine Eltern, Moskauer Mathematiker, verließen die Sowjetunion 1979. Brin soll die Schlüsselrolle bei der Einhaltung des Google-Prinzips zukommen, nichts Böses zu tun ("Don't be evil"). "Böse ist, was Sergey als Böse bezeichnet", sagte Google-Chef Eric Schmidt einmal dem Magazin "Wired". Das Magazin "Forbes" schätzte das Vermögen der beiden Enddreißiger im März auf jeweils knapp 19 Milliarden Dollar. Als Erstes fällt an Page und Brin jedoch auf, wie sehr sie sich bemühen, bodenständig zu bleiben. Keine Luxus-Yachten, keine rauschenden Partys oder andere Exzesse. Stattdessen tragen die beiden eisern T-Shirt und Jeans, fahren einen umweltfreundlichen Toyota Prius und beziehen von Google Jahr für Jahr das symbolische Gehalt von einem Dollar. Immerhin mietete sich Page für seine Hochzeit im vergangenen Jahr gleich zwei Karibik-Inseln. Allzu viel gekostet haben dürfte ihn das jedoch nicht: Eine davon gehört dem befreundeten Milliardär Richard Branson, dem Virgin-Gründer. dpa1995-1998: Larry Page und Sergey Brin lernen sich an der Elite-Universität Stanford kennen und arbeiten gemeinsam an einer Suchmaschine.7. September 1998: Gründung der Google Inc. Das Unternehmen zieht in eine Garage in Menlo Park, Kalifornien. Die vorläufige Beta-Version der Suchmaschine beantwortet täglich 10000 Anfragen. 21. September 1999: Die Suchmaschine erhält den endgültigen Status. Dank einer Kooperation mit AOL nutzen täglich drei Millionen Nutzer die Suche. 2000: Start der Werbeplattform AdWords. Die darüber erzielten Erlöse tragen heute rund zwei Drittel zum Umsatz bei. August 2001: Der erfahrene Manager Eric Schmidt übernimmt die Unternehmensführung. September 2002: Der Suchdienst Google News für Nachrichten geht online. April 2004: Der E-Mail-Dienst Googlemail geht an den Start. 19. August 2004: Börsengang - der Ausgabekurs von 85 Dollar liegt am unteren Ende der Preisspanne.Februar 2005: Ankündigung des Karten-Dienstes Google Maps.Oktober 2006: Google kauft das führende Videoportal YouTube. Der Preis für das damals defizitäre Unternehmen beträgt 1,65 Milliarden Dollar in Aktien.November 2007: Gemeinsam mit Telekommunikations- und Technologieunternehmen - darunter die Deutsche Telekom - will der Internet-Konzern das Handy-Betriebssystem Android entwickeln. Die Aktie erreicht den Rekordkurs von 747,24 Dollar.September 2008: Der Internet-Browser Chrome geht in einer Beta-Version an den Start. Millionen Nutzer laden ihn herunter. Der Aktienkurs ist inzwischen wieder auf rund 450 Dollar gesunken, weil sich der Markt über mögliche Auswirkungen der US-Konjunkturschwäche auf das Google-Geschäft sorgt. dpa "Tue nichts Böses!"Firmen-Richtlinie von Google

HintergrundDer Unternehmensname Google geht auf einen Tippfehler zurück: Als die beiden Gründer über eine Bezeichnung nachdachten, kamen sie auf die mathematische Bezeichnung Googol, die für die Zahl 10 hoch 100 steht. Als ein Freund überprüfte, ob die Internet-Domain frei ist, vertippte er sich - und setzte den Namen Google in die Welt.Das bunte Google-Logo ist eine Hommage an Lego: Um Kosten zu sparen, bauten die Gründer das Gehäuse ihres ersten Servers aus den Spielzeug-Steinen.Im Jahr 2004 wurde das Wort "googeln" in die 23. Ausgabe des Duden aufgenommen.Google machte im vergangenen Geschäftsjahr 16,6 Milliarden Dollar (11,7 Milliarden Euro) Umsatz, 96 Prozent davon stammten aus Werbeerlösen. Der Gewinn betrug 2007 rund 4,2 Milliarden Dollar. Das Unternehmen hat derzeit 19600 Mitarbeiter, die Büros verteilen sich auf 55 Länder.dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort