"Die Gefahren sind nicht abschätzbar"

Schwerte. Der evangelische Umwelt- und Technologieexperte Peter Markus (Foto: Institut) warnt vor einer sorglosen Verwendung von Nanotechnologie. Neben den Vorteilen müssten Forscher und Wirtschaft auch mögliche Risiken für Mensch und Umwelt beachten, fordert der Studienleiter für Naturwissenschaften und Technik beim Institut für Kirche und Gesellschaft der westfälischen Kirche in Schwerte

Schwerte. Der evangelische Umwelt- und Technologieexperte Peter Markus (Foto: Institut) warnt vor einer sorglosen Verwendung von Nanotechnologie. Neben den Vorteilen müssten Forscher und Wirtschaft auch mögliche Risiken für Mensch und Umwelt beachten, fordert der Studienleiter für Naturwissenschaften und Technik beim Institut für Kirche und Gesellschaft der westfälischen Kirche in Schwerte.Nanobasierte und damit besonders widerstandsfähige Lacke, wie sie in der Autoindustrie verwendet werden, seien für die Natur eher unbedenklich, erläuterte Markus. Aber in Lebensmitteln oder Kosmetika hätten Nanopartikel "nichts verloren", solange ihre Auswirkungen auf die Gesundheit noch weitgehend unbekannt seien. Nanopartikel seien neuerdings in immer mehr Produkten enthalten, kritisierte Markus. Doch die Teilchen aus Metallen oder organischen Verbindungen seien so klein, dass sie etwa beim Einatmen bis in kleinste Lungenbläschen vordringen und dort zu Entzündungen führen könnten. In Sonnenschutzcremes sorgten sie zwar für besseren UV-Schutz, könnten aber bei Verletzungen durch die Haut in den Körper gelangen. Es gebe zudem Hinweise, dass Nano-Röhrchen aus Kohlenstoff Erkrankungen auslösen können, ähnlich wie Asbest-Fasern.

Der Studienleiter begrüßt die neue EU-Verordnung zur Kennzeichnungspflicht von Kosmetika und Lebensmitteln, die gegen Widerstand aus der Industrie kommendes Jahr in Kraft treten soll. Auch Nano-Titandioxid müsse ab 2012 aufgeführt werden, erklärte der Experte. Damit könnten Verbraucher Nanoprodukte erkennen. In Ketchup etwa verbesserten die winzigen Partikel die Rieselfähigkeit. Zur besseren Kundeninformation verlangt Markus ein umfassendes Produktregister im Internet, wie es auch das Umweltbundesamt befürwortet. Auch müssten die Bestimmungen für die Industrie verschärft werden. Ein Gesetz, das den Einsatz von Nanotechnologie regelt, gebe es bislang nicht.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) stehe der Zukunftstechnologie nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, betonte der Experte und verwies auf ein EKD-Papier zum verantwortungsvollen Umgang mit der neuen Technologie von 2007. Die Nanotechnologie könne zum Beispiel helfen, die Umwelt zu schützen. Auch in der Medizin sei die Anwendung in Ansätzen zu begrüßen, etwa bei nanobasierten Medikamenten gegen Krebs.

"Doch die möglichen Gefahren sind nicht abschätzbar", warnt Markus. Schon jetzt fänden Grenzüberschreitungen statt. Mikrobiologen seien beispielsweise dabei, die Wirkung von Mikroorganismen zu verbessern. "Die könnten später auch als biologische Waffe verwendet werden." epd

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