Terroranschlag Straßburg Chérif Chekatt nach Razzia in Straßburg getötet

Paris · Mehr als 700 Polizisten suchten fieberhaft nach dem mutmaßlichen Attentäter. Die Suche endete in der Nähe seines Wohnortes.

 Deutsche Polizisten stehen an der Rheinbrücke bei Kehl und kontrollieren den  deutsch-französischen Grenzverkehr.

Deutsche Polizisten stehen an der Rheinbrücke bei Kehl und kontrollieren den  deutsch-französischen Grenzverkehr.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Straßburg kann nach dem schrecklichen Attentat auf den Weihnachtsmarkt mit insgesamt vier Toten aufatmen. Gestern abend wurde der mutmaßliche Attentäter von der Polizei im Rahmen einer Razzia gestellt und getötet. Nähere Informationen zu Details lagen zunächst nicht vor. Doch die Suche verlief fieberhaft, am Ende mit Erfolg. Rückblick: ein gelber Wohnblock mit seinen acht Stockwerken im Straßburger Stadtteil Poteries ist die letzte Adresse, unter der Chérif Chekatt lebte. Der 29-Jährige wurde durch seine Tat zum meistgesuchten Mann Frankreichs. Die Ermittler nahmen sowohl seine Familie als auch seine Freunde genau unter die Lupe. Die Eltern und zwei seiner Brüder sind in Polizeigewahrsam. Die Polizei geht dem Fernsehsender France 2 zufolge aber davon aus, dass seine Angehörigen nichts von den Plänen Chekatts wussten.

Am Mittwochabend veröffentlichte die Polizei ein Fahnungsfoto, auf dem ein dunkelhaariger Mann mit Bart und einem Mal auf der Stirn zu sehen ist. Es ist der Gebetsfleck der besonders gläubigen Muslime. „Der Mann ist gefährlich, bitte nicht selbst eingreifen“, heißt es in dem auch auf Deutsch verfassten Zeugenaufruf. Chekatt, der selbst kein Wort Deutsch sprechen soll, hatte in Deutschland wegen zwei Überfällen bis 2017 eine Haftstrafe verbüßt.

Kurz vor dem Anschlag in Straßburg soll er einen Anruf aus Deutschland erhalten haben, den er aber nicht annahm. Der Staatssekretär im Innenministerium, Laurent Nuñez, schloss zunächst nicht aus, dass der mutmaßliche Attentäter über die Grenze nach Deutschland floh. Die Grenzkontrollen nach Deutschland und in die Schweiz, wo der 29-Jährige ebenfalls schon im Gefängnis saß, wurden verstärkt. Mehr als 700 Polizisten sind in Straßburg auf der Spur des mutmaßlichen Angreifers gewesen, die sich im Stadtteil Neudorf hinter einer Garage zunächst verlor. Dorthin hatte ein Taxifahrer Chekatt gefahren. „Weißt du, was ich getan habe? Ich habe Menschen getötet. Als Vergeltung für unsere toten Brüder in Syrien“, sagte er auf der nur drei Minuten dauernden Tour laut Ermittlerkreisen. „Die Polizei hat heute Morgen meine Wohnung durchsucht. Dabei haben sie eine Granate gefunden“, rühmte sich Chekatt, der dem Chauffeur auch seine Verletzung am Arm zeigte.

Der Taxifahrer meldete sich sofort, nachdem er seinen gefährlichen Kunden abgesetzt hatte, bei der Polizei. Er geht davon aus, dass sein Fahrgast ihn verschonte, weil er gläubiger Muslim ist. In seinem Auto hat er mehrere muslimische Symbole, unter anderem eine Gebetskette am Rückspiegel. Chekatt war schon seit 2015 im Visier der Ermittler. Der 27 Mal verurteilte Kriminelle wurde im Gefängnis zum radikalen Islamisten und galt als Gefährder, der wie rund 10 000 andere den Sicherheitsvermerk S trug. „Er wurde ziemlich ernsthaft beobachtet“, sagte Nuñez. Der Inlandsgeheimdienst soll das Telefon des Mannes abgehört und ihn beschattet haben. Unterbrochen wurde diese Beobachtung nur während der Haftzeit in Deutschland. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich im vergangenen Jahr unternahm Chekatt im August zusammen mit drei Freunden einen Erpressungsversuch, bei dem sein Opfer schwer verletzt wurde. Die Staatsanwaltschaft Straßburg leitete Vorermittlungen wegen Totschlagsversuchs und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung ein.

Am Dienstagmorgen wollte die Polizei die Bande festnehmen, schnappte aber nur drei der Mitglieder. Chekatt entkam. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Beamten eine Granate, ein Gewehr, Munition und vier Messer. Zeichen, dass er im Namen der Terrormiliz Islamischer Staat handelte, entdeckten die Polizisten aber nicht. Die Suche nach Chekatt erinnert die Franzosen an die Tage nach den Anschlägen auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ in Paris. Damals dauerte es 53 Stunden, bis die Täter gestellt wurden.

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