Die evangelische Kirche verliert ihre Mitte

Berlin · Regelmäßig befragt die evangelische Kirche Protestanten in Deutschland, wie sie es mit der Religion halten. Drei Viertel wollen der Kirche treu bleiben. Aber es gibt auch mehr gleichgültige Protestanten.

 Superintendent Christian Weyer sieht im Saarland eine hohe Bindung an die Kirche. Foto: bub

Superintendent Christian Weyer sieht im Saarland eine hohe Bindung an die Kirche. Foto: bub

Foto: bub

Ein wachsender Kern von Überzeugten, aber auch mehr Gleichgültige - unter Deutschlands evangelischen Christen zeichnet sich eine zunehmende Kluft im Verhältnis zu Kirche und Religion ab. Nach einer neuen EKD-Studie ist die Zahl jener Protestanten deutlich gestiegen, die sich ihrer Kirche stark verbunden fühlen. Gleichzeitig habe aber auch der Anteil der Menschen zugenommen, die keine oder kaum eine Beziehung zur Kirche haben. Abgenommen hat dagegen die Gruppe von Menschen, die sich nach eigenen Angaben der Kirche "zumindest etwas verbunden" fühlen und ab und zu in den Gottesdienst gehen. Ihr Anteil hat mit 25 Prozent den niedrigsten Stand seit 1992 (33 Prozent) erreicht. Seit 1973 befragt die EKD alle zehn Jahre ihre Mitglieder.

"Es gibt eine Tendenz zur stärkeren Polarisierung, die Mitte schmilzt ab", sagte Oberkirchenrat Konrad Merzyn, der die Studie betreut hat. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider sieht in den Ergebnissen auch eine Stärke der Landeskirchen. Menschen ohne Zugang zu religiöser Praxis würden hier respektiert und könnten ihren eigenen Weg gehen, sagte Schneider bei der Vorstellung in Berlin.

Für die fünfte EKD-Erhebung zur Kirchenmitgliedschaft waren zwischen Oktober und Dezember 2012 rund 3000 Menschen befragt worden. Das Fazit: Die meisten von Deutschlands rund 23,6 Millionen evangelischen Christen halten ihren Kirchen die Treue, doch unter den gelegentlichen Kirchgängern in der Mitte bröckelt es. Insgesamt fühlten sich 43 Prozent der Kirche sehr oder ziemlich verbunden, vor 20 Jahren waren es 40 Prozent. Kaum oder überhaupt nicht verbunden sehen sich 32 Prozent - nach 27 Prozent 1992. Nur noch ein Viertel statt ein Drittel der Mitglieder ist der Kirche geringfügig verbunden.

Somit werde die Vermittlung von Religion zunehmend schwerer, heißt es in der Studie. Vor allem immer mehr Jüngere erklärten, nicht religiös erzogen zu sein. Auch die Zahl der Konfessionslosen nehme immer weiter zu. Diese Gleichgültigkeit gegenüber Religion spiegelt sich auch beim Kirchenaustritt wieder. Vor zehn Jahren wurde der Schritt meistens mit der Kirchensteuer begründet. Heute dominieren Haltungen wie "die Kirche ist unglaubwürdig" oder "Ich brauche keine Religion fürs Leben". Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Für die meisten Kirchenmitglieder kommt ein Austritt nicht in-frage. Das sagen drei Viertel (73 Prozent).

Pfarrer Christian Weyer, Superintendent des Kirchenkreises Saar-West mit 86 000 Protestanten, sieht die Bedeutung der Kirche im Saarland als sehr positiv : "Im Saarland gibt es eine überdurchschnittliche hohe Kirchenbindung. Die Kirche ist hier für viele Menschen noch ein ganz selbstverständlicher Teil ihres Lebens."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort