Die Erinnerungslücken bleiben

Erfurt. Die Thüringer CDU reagiert nach außen gelassen auf die Anklage gegen ihren schwer verletzten Ministerpräsidenten Dieter Althaus. "Er bleibt weiterhin unser Spitzenkandidat", heißt es einstimmig aus dem Kabinett und der CDU-Parteiführung in Erfurt

Erfurt. Die Thüringer CDU reagiert nach außen gelassen auf die Anklage gegen ihren schwer verletzten Ministerpräsidenten Dieter Althaus. "Er bleibt weiterhin unser Spitzenkandidat", heißt es einstimmig aus dem Kabinett und der CDU-Parteiführung in Erfurt. Die Union hofft jetzt auf ein schnelles Verfahren, das möglichst noch vor der heißen Phase des Wahlkampfs im Sommer beendet ist. Schwerwiegender ist nach wie vor die Frage, ob Althaus wieder fit wird und wann er auf die politische Bühne zurückkehrt. Im Freistaat wird am 30. August ein neuer Landtag gewählt.Der Schritt der Staatsanwaltschaft Leoben in Österreich kommt nicht überraschend. Seit dem Skiunfall in der Obersteiermark am 1. Januar, als die 41 Jahre alte Beata Christandl nach einem Zusammenstoß mit Althaus starb, ermittelt die Behörde gegen den sportlichen CDU-Ministerpräsidenten. Dieser erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma - und kann sich nicht mehr an den Unfallhergang erinnern.Falsch abgebogen Die Staatsanwaltschaft geht inzwischen offiziell davon aus, dass Althaus auf einer Pistenkreuzung falsch abgebogen ist. Deshalb fuhr er Beata Christandl auf ihrer Piste ein Stück entgegen und verursachte so den Unfall. Dafür hat er laut Staatsanwaltschaft in einer schriftlichen Erklärung trotz seiner Erinnerungslücken die Verantwortung übernommen. Was das im Prozess bedeutet, ist offen. Für den Unfallhergang gibt es keine Zeugen. Ein Skifahrer will gesehen haben, wie Althaus und Christandl nach dem Zusammenprall mehrere Meter auseinander geschleudert wurden. Bereits Anfang Februar hatte Staatsanwalt Walter Plöbst angedeutet, dass Althaus nicht mit einem erhöhten Strafmaß rechnen müsse. Ein besonders schweres Verschulden sei ihm nach den vorliegenden Fakten nicht vorzuwerfen. Das würde nur gelten, "wenn Althaus etwa unter Alkoholeinfluss oder bei Dunkelheit mit stark überhöhter Geschwindigkeit abgefahren wäre. Beides können wir aber ausschließen." Die Anwälte von Althaus und der Familie des Opfers sind außerdem auf dem besten Wege, die Schadenersatzfrage außergerichtlich zu klären. Die CDU rechnet deshalb fest damit, dass der Prozess für Althaus ein glimpfliches Ende nimmt. "Das war ein tragischer Unfall, da war ja kein böser Wille dabei", erklärt Staatskanzleiminister Klaus Zeh (CDU) immer wieder und erinnert daran, dass Althaus ein guter und besonnener Skifahrer sei. Die rechtliche Frage wird in den Gängen des Parlaments auch kaum diskutiert. Sowohl Parteifreunde als auch politische Gegner machen sich vielmehr Gedanken über die moralischen und seelischen Folgen für Althaus: Wie er es verkraftet, für den Tod einer Frau und Mutter verantwortlich zu sein. Althaus müsse jetzt "sein Gewissen befragen, ob er sein Amt als Ministerpräsident unter den gegebenen Voraussetzungen weiterführen kann", sagt SPD-Landeschef Christoph Matschie. "Diese Entscheidung kann ihm niemand abnehmen." Von Seiten der behandelnden Ärzte gibt es zu dieser bislang Frage keine eindeutigen Antworten. Sicher ist, dass sie Althaus von den fatalen Folgen des Unfalls erzählt haben. Unklar bleibt aber, in wie weit der thüringische Ministerpräsident in der Lage ist, mit den tragischen Ereignissen umzugehen.

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