"Die Ängste sind völlig unbegründet"

Was sind die größten Hemmnisse bei der Organspende?Samuel: Ängste. Beim Thema Organspende müssen die Menschen über den eigenen Tod nachdenken. Das macht niemand gerne. Auch die Diagnose Hirntod verunsichert viele. Und die Frage: Tun die Ärzte alles für mich, wenn ich Spender bin, oder haben sie im Hinterkopf, wer meine Organe bekommt? Die Ängste sind aber völlig unbegründet

Was sind die größten Hemmnisse bei der Organspende?Samuel: Ängste. Beim Thema Organspende müssen die Menschen über den eigenen Tod nachdenken. Das macht niemand gerne. Auch die Diagnose Hirntod verunsichert viele. Und die Frage: Tun die Ärzte alles für mich, wenn ich Spender bin, oder haben sie im Hinterkopf, wer meine Organe bekommt? Die Ängste sind aber völlig unbegründet. Zudem sollte man sich vor Augen führen, dass es wahrscheinlicher ist, ein Organ zu brauchen als selbst zum Spender zu werden. Dann muss ich hoffen, dass sich jemand entschieden hat, seine Organe zu spenden.

Wie kann man Ängste beim Gedanken an den Tod abbauen?

Samuel: Man muss sich darüber klar werden, dass die Wahrscheinlichkeit, den Hirntod zu erleiden und potenzieller Spender zu werden, ja nicht steigt, nur weil man den Ausweis in der Tasche hat. Im Grunde ist ein Organspendeausweis wie ein Testament oder eine Patientenverfügung, die ich mache, um festzulegen, was mein Wille ist im Falle meines Todes.

Was genau ist Hirntod und wie wird er festgestellt?

Samuel: Hirntod bedeutet, dass alle drei Teile des Gehirns - Großhirn, Kleinhirn und der Hirnstamm - unwiederbringlich abgestorben sind. Eine Beatmungsmaschine kann den Körper weiter mit Sauerstoff versorgen und die Organe in Gang halten, aber nur für einen kurzen Zeitraum. Jeder Hirntote erleidet irgendwann unweigerlich einen Herzstillstand - bei drei Viertel der Patienten geschieht das innerhalb von 72 Stunden. Nach einer Richtlinie der Bundesärztekammer muss der Hirntod immer von zwei Ärzten, die erfahren sind in der Behandlung von hirnverletzten Patienten, unabhängig voneinander festgestellt werden. Es müssen verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden und das nicht nur zu einem einzigen Zeitpunkt, sondern wiederholt.

Der Bundestag hat vor kurzem entschieden, dass die Deutschen künftig regelmäßig zum Thema Organspende befragt werden sollen. Reicht das aus, um die Zahl der Organspender zu steigern?

Samuel: Es ist ein Anfang. Die Abfrage soll in diesem Jahr stattfinden, dann 2014, 2017, dann alle fünf Jahre. Ich bin für eine jährliche Abfrage. Außerdem muss die Aufklärung an erster Stelle stehen. Sonst nützt es ja nichts, wenn die Krankenkasse mir einen Brief schickt, einen Spenderausweis reinsteckt und um meine Entscheidung bittet.

Bisher ist es eher so, dass Aufklärungsmöglichkeiten bestehen, wenn man sie selbst sucht. Müssen die Informationen nicht direkter an den Mann gebracht werden?

Samuel: Das stimmt. Kampagnen wie "Gib Aids keine Chance" sind sehr ansprechend. Organspende müsste zu einem alltäglichen Thema in unserer Gesellschaft werden - eine Information, die ich in der Apotheke, beim Arzt oder in der Bank mitnehme.Foto: DSO

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Organspende11 600 Deutsche hoffen zurzeit auf Spenderorgane. Was erleben die Wartenden, die Spender, ihre Familien? Simone Simon wurde dank einer neuen Niere gerettet; Caroline Donauers Onkel hat seine Organe gespendet. In der SZ erzählen sie von ihr
Organspende11 600 Deutsche hoffen zurzeit auf Spenderorgane. Was erleben die Wartenden, die Spender, ihre Familien? Simone Simon wurde dank einer neuen Niere gerettet; Caroline Donauers Onkel hat seine Organe gespendet. In der SZ erzählen sie von ihr