Deutschland verneigt sich vor einem „großartigen Menschen“

Berlin · „Moralische Instanz“ und „Mann des offenen Wortes“: Dem verstorbenen Ex-Präsidenten Richard von Weizsäcker wird von Politikern aus dem In- und Ausland höchster Respekt gezollt.

Mit großer Betroffenheit haben Vertreter aus Politik und Gesellschaft auf den Tod des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker reagiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU ) sprach von einem "großen Verlust für Deutschland " durch den Tod einer der "wichtigsten und geachtetsten Persönlichkeiten unseres Landes". Seine Rede im Bundestag 1985 zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg sei eine "notwendige, klare Aussage" gewesen und bis heute bedeutend für das deutsche Selbstverständnis, erklärte die Kanzlerin. Auch sei ihm die Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas "eine Herzensangelegenheit" gewesen. Bundespräsident Joachim Gauck würdigte seinen Vorgänger als "großartigen Menschen" und "herausragendes Staatsoberhaupt". Weizsäcker habe weltweit für ein Deutschland gestanden, "das seinen Weg in die Mitte der demokratischen Völkerfamilie gefunden hatte".

Bundestagspräsident Nobert Lammert (CDU ) erklärte, Weizsäcker habe "wegweisende Worte im Umgang mit der selbst erlebten Geschichte gefunden". Die Rede von 1985 sei ein "Wendepunkt in der Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels deutscher Vergangenheit" gewesen. Weizsäckers Äußerungen stünden "für immer als Zäsur in den Geschichtsbüchern", erklärte auch SPD-Chef Sigmar Gabriel . Linksfraktionschef Gregor Gysi sagte, Weizsäcker sei der erste Bundespräsident gewesen, "der die bedingungslose Kapitulation des Hitlerregimes nicht nur für andere Völker, sondern auch für das deutsche Volk begriff und dies öffentlich erklärte". Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD ) sagte, "von Weizsäcker war mehr als eine moralische Instanz. Er hat den Menschen Halt und Orientierung gegeben".

Die Grünen-Chefs Simone Peter und Cem Özdemir erklärten, mit Weizsäcker verliere Deutschland "den Bundespräsidenten der deutschen Einheit und einen engagierten Kämpfer für demokratische und freiheitliche Rechte". "Seine moralische Integrität wird uns fehlen", ergänzten die Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter .

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) würdigte den engagierten Kirchenmann Weizsäcker. "In seiner Person hat die Kirche ausgestrahlt, wovon sie spricht", erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx , nannte Weizsäcker einen "Mann des offenen Wortes".

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, erklärte, Weizsäckers Worte zum 8. Mai hätten "vor allem der jüdischen Gemeinschaft aus tiefstem Herzen" gesprochen. Frankreichs Staatspräsident François Hollande sagte, von Weizsäcker habe durch seine persönliche Geschichte, sein politisches Engagement und seine moralische Haltung die Geschichte Deutschlands geprägt.

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