Fußball-EM 2024 Der Zuschlag für ein neues Sommermärchen

Nyon · Der deutsche Fußball darf sich nach der WM 2006 wieder auf ein großes Heimturnier freuen: 2024 richtet der DFB die EM aus.

 Gestern um 15.21 Uhr war es soweit: Uefa-Präsident Aleksander Ceferin zog den Zettel mit der Aufschrift „Germany“ aus dem Umschlag.

Gestern um 15.21 Uhr war es soweit: Uefa-Präsident Aleksander Ceferin zog den Zettel mit der Aufschrift „Germany“ aus dem Umschlag.

Foto: dpa/Martial Trezzini

(dpa) Stolz posierten Joachim Löw, Philipp Lahm und Reinhard Grindel mit der silbernen EM-Trophäe. Eher erleichtert als euphorisch bejubelte die deutsche Delegation in der Uefa-Zentrale am Genfer See den ersehnten Zuschlag für die Fußball-Europameisterschaft 2024. Genau drei Monate nach dem historischen WM-Vorrundenaus hofft der Deutsche Fußball-Bund auf eine neue Euphorie durch das erste Heimturnier seit dem Sommermärchen 2006. „Wir sind jetzt sehr ­glücklich“, betonte Bundestrainer Löw am gestrigen Donnerstag. „Wir haben es 2006 gesehen, wie emotional die Menschen in Deutschland sind, es war eine große Party. Wir werden alles tun, dass es 2024 genauso wird.“

Das Votum des Exekutivkomitees der Europäischen Fußball-Union Uefa zugunsten der favorisierten deutschen Bewerbung gegen den einzigen Kontrahenten Türkei fiel deutlicher aus als erwartet. Der DFB setzte sich mit zwölf zu vier Stimmen bei einer ungültigen Stimme durch. „Wir sind sehr gastfreundlich und offen, das wollen wir zeigen“, sagte EM-Botschafter Lahm im Uefa-Auditorium, das den Charme einer muffigen Gesamtschulaula verströmt. „Aber wir haben vor allem auch Leute in Deutschland, die ein großes Fest mit allen in Europa feiern wollen.“

Als Uefa-Präsident Aleksander Ceferin um 15.21 Uhr den Zettel mit der Aufschrift „Germany“ aus dem Umschlag zog, war die abfallende Anspannung in der 21-köpfigen deutschen Abordnung deutlich sichtbar. „Wenn man gewinnt, das habe ich als Sportler immer festgestellt, gibt es auch irgendjemanden, der verliert. Und man muss auch den Verlierern immer wieder Respekt zollen“, erklärte Lahm die verhaltene Freude. DFB-Präsident Grindel ballte die Faust und umarmte Lahm, Löw zeigte in der ersten Reihe kaum eine Regung. „Ich bedanke mich sehr für das Vertrauen. Ich spüre Verantwortung“, sagte Grindel. „Wir werden ab morgen alles dafür tun, den Erwartungen gerecht zu werden.“

In einem Einspieler der Uefa kurz vor dem Zuschlag durften DFB-Direktor Oliver Bierhoff und Frauen-Bundestrainer Horst Hrubesch im Auditorium nochmal ihre Siegtore der Europameisterschaften 1996 und 1980 bestaunen. Per Werbevideo präsentierte der DFB den Delegierten auch Legende Uwe Seeler, der von Lahm mit einer Virtual-Reality-Brille schon einmal einen Einblick in die Stimmung beim EM-Finale am 14. Juli 2024 in Berlin nehmen durfte.

Als Spielorte sind auch München, Düsseldorf, Stuttgart, Köln, Hamburg, Leipzig, Dortmund, Gelsenkirchen und Frankfurt vorgesehen. Das Olympiastadion in Berlin mit einer Kapazität von 70 033 Zuschauern ist logischer Ausrichter für das Finale. Bei der Multi-Nationen-EM 2020, die in zwölf Ländern stattfindet, werden drei Gruppenspiele und ein Viertelfinale in München ausgetragen. Deutschland richtet zum zweiten Mal nach 1988 eine EM alleine aus.

Der DFB punktete vor allem mit den vorhandenen Stadien sowie der bestehenden Infrastruktur und wirtschaftlicher Stabilität. Der weiterhin nicht komplett aufgeklärte Skandal um die WM 2006 spielte offensichtlich keine größere Rolle bei der Mehrheit der Wahlleute.

Der türkische Mitbewerber hatte trotz der Zusicherung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vor allem für das fehlende Menschenrechtskonzept und aufgrund finanzieller Risiken schlechte Bewertungen durch die Uefa-Prüfer kassiert. Die Türkei scheiterte damit wie zuletzt bei den vergeblichen Anläufen für die EM 2008, 2012 und 2016. Der türkische Sportminister reagierte enttäuscht. Das sei „traurig“ für die Uefa und die Europameisterschaft, sagte Mehmet Muharrem Kasapoglu. Die Türkei habe eine starke Bewerbung vorgelegt und besitze neue Stadien. „Wir haben als Land nichts verloren.“

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