Reich ohne Arbeit Deutsche erben pro Jahr bis zu 400 Milliarden

Berlin/Düsseldorf · Die Deutschen erben nach einer neuen Studie wohl künftig noch mehr als bisher vermutet. Von der Steigerung profitieren vor allem die Wohlhabenden.

Deutschland entwickelt sich immer mehr zum Land der Erben. Und die kommen in den Genuss deutlich höherer Summen als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW, Berlin) im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Zwischen 2012 und 2027 werden demnach bis zu 400 Milliarden Euro pro Jahr verschenkt und vererbt. Das sei gut ein Viertel mehr als in anderen Untersuchungen vorausberechnet wurde, so die Autoren.

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler nicht nur auf den aktuellen Vermögensbestand geschaut, sondern nach eigenen Angaben erstmals eingerechnet, wie sich Wert­steigerungen und regelmäßiges Sparen in den kommenden Jahren auf die Erbschaften auswirken. Analysiert wurden Menschen ab 70 Jahren. Das Vermögen, das sie voraussichtlich bis 2027 vererben werden, beträgt laut Studie aktuell etwa 1,3 Billionen Euro. Die Forscher gehen aber davon aus, dass die Menschen in ihrer noch verbleibenden Lebenszeit weiter so sparen wie zuvor; damit erhöht sich das Vermögen der Studie zufolge bis 2027 auf 1,46 Billionen Euro.

Die Experten haben zudem eine Wertsteigerung von jährlich zwei Prozent angenommen — das wären dann 1,68 Billionen Euro. Hochgerechnet auf die gesamte Bevölkerung ergibt sich ein  voraussichtliches Erbvolumen von bis zu 400 Milliarden pro Jahr. Und: Besonders die ohnehin wohlhabenden Haushalte werden noch mehr an die kommende Generation übertragen. Denn Wertsteigerungen fallen eher bei Aktien, Betriebsvermögen, Sammlungen oder Immobilien an.

Die Studie bezweifelt, ob sich aus dem steigenden Erbvolumen auch deutlich höhere Steuereinnahmen ergeben – wegen der hohen Freibeträge. Der Tenor der Studie ist aber klar: Das Ausmaß der Erbschaften vertieft die Spaltung der Gesellschaft, schreiben die Autoren. Um für mehr Chancengleichheit zu sorgen, sollte die Politik über eine grundlegende Reform des Erbschaftsrechts nachdenken, fordern die Experten. Zudem sollten Erbschaften und Schenkungen statistisch besser erfasst werden.

Die Studie „Erbschaften in Deutschland 2017“ der Quirin Bank mit dem Marktforschungsinstitut YouGov hatte bereits vor wenigen Wochen weitere Details zum leistungslos weitergegebenen Vermögen in Deutschland geliefert (Saarbrücker Zeitung vom 8 Juni 2017).  40 Prozent der in der Zukunft absehbaren einzelnen Vermächtnisse liegen demnach bei über 100 000 Euro. Im Saarland werden es  dank des hohen Immobilienbesitzes in den kommenden Jahren sogar 42 Prozent sein, heißt es dort. Derzeit ist der Anteil hoher Erbschaften nach der YouGov-Erhebung hierzulande aber noch unterdurchschnittlich.

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