Der Wahlkampf hat begonnen: Schwarz und Rot gegen Dunkelrot

Nein, von einem historischen Moment ist nichts zu spüren, als Landtagspräsident Hans Ley um 10.32 Uhr das Abstimmungsergebnis verkündet: 47 von 51 Abgeordnete haben sich soeben in namentlicher Abstimmung für eine vorzeitige Auflösung des Landtags ausgesprochen. Nur der ehemalige Jamaika-Partner, die geschrumpfte FDP-Fraktion, enthält sich der Stimme

Nein, von einem historischen Moment ist nichts zu spüren, als Landtagspräsident Hans Ley um 10.32 Uhr das Abstimmungsergebnis verkündet: 47 von 51 Abgeordnete haben sich soeben in namentlicher Abstimmung für eine vorzeitige Auflösung des Landtags ausgesprochen. Nur der ehemalige Jamaika-Partner, die geschrumpfte FDP-Fraktion, enthält sich der Stimme. Die Narben über den Rauswurf sind noch lange nicht verheilt. So geht quasi zur Mitte der Legislaturperiode im Landtag ein Vorgang recht unspektakulär über die parlamentarische Bühne, den es erst zwei Mal in der Geschichte des Saarlandes gegeben hat. Damit ist der Weg frei für Neuwahlen am 25. März. Wen wundert's da, dass sich Kramp-Karrenbauer, Maas, Lafontaine und Co. bereits auf 60 Wahlkampf-Tage einstimmen.Und von Wahlkampf-Rhetorik gibt es in eineinhalb Parlaments-Stunden mehr als eine Kostprobe. Mal wieder drängeln sich Reporter, Fotografen und Kameraleute im Plenarsaal, um bereits vor Sitzungsbeginn auch die kleinste Gemütsregung des politischen Spitzenpersonals einzufangen. Das ZDF-Politbarometer, das am Morgen die Sozialdemokraten mit 38 Prozent vorn sieht und die Union mit vier Prozentpunkten weniger auf Abstand hält, wirkt in der Debatte wie eine vitalisierende Vitaminspritze auf die Polit-Matadore.

Linksfraktions-Chef Oskar Lafontaine nimmt gleich zu Beginn der Sitzung das Thema "stabile Regierung" ins Visier. Engagiert antwortet er Unions-Fraktionschef Klaus Meiser, der Neuwahlen als besten Weg hin zu stabilen politischen Verhältnissen verteidigt. Lafontaines Konter: Bei "stabilen Verhältnissen" gehe es nicht nur um die Addition der Abgeordneten-Zahlen, sondern auch um die Übereinstimmung der Parteien in wesentlichen Politik-Fragen. Und da sei die Schnittmenge zwischen Linkspartei und SPD größer als in einer Koalition der Sozialdemokraten mit der CDU. In scharfen Worten geißelt Lafontaine angesichts der Schuldenbremse den geplanten Stellenabbau im öffentlichen Dienst. "Wenn Sie nicht an die reichen Leute gehen und stattdessen Arbeitsplätze in diesem Land abbauen wollen, dann ist das eine Sauerei", wettert der Vormann der Linken und verweist auf Einnahme-Verbesserungen bei der Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Doch Lafontaine holt sich bei SPD-Chef Heiko Maas erneut eine Absage. "Wir werden in existenziellen Fragen für das Land nicht zusammenkommen", unterstreicht Maas mit Verve. Denn die Linke sei nicht bereit, die Realität der Schuldenbremse und die damit verbundenen schmerzhaften Einschnitte im öffentlichen Dienst zu akzeptieren. "Am 25. März beginnt die Sommerzeit. Und es wäre auch Zeit für einen neuen Sommer in der saarländischen Politik", gibt Maas sein politisches Ziel bei den Neuwahlen vor.

Regierungschefin Kramp-Karrenbauer (CDU) wertet in ihrer Rede den Weg zu Neuwahlen als "alternativlos". Sie verteidigt die Entlassung der Grünen- und FDP-Minister nach dem Platzen der Jamaika-Allianz. Das Verhältnis sei zerrüttet gewesen. Schade in diesem Zusammenhang, dass bei den Redebeiträgen von Lafontaine und der Ministerpräsidentin der Geräuschpegel im Plenum einfach zu hoch war und die Glocke des Landtagspräsidenten still blieb.

Zuvor hatte der liberale Fraktionschef und Ex-Wirtschaftsminister Christoph Hartmann die Minister-Entlassung scharf kritisiert. Der FDP-Mann nennt die Neuwahlen ein "klägliches Polit-Theater", da "alles ausgedealt" sei, sprich die große Koalition bereits beschlossene Sache sei. Claudia Willger von den Grünen beschreibt es etwas plastischer: "Es geht nur noch darum: Wer liegt oben, wer liegt unten?" So etwas kenne sie nur aus Beziehungsfragen. Ohne Zweifel: Sie hat die Lacher auf ihrer Seite.

Kramp-Karrenbauer ermahnt später den einstigen liberalen Partner zur Zurückhaltung bei seinen Vorwürfen. Sie seien eine "Bankrotterklärung für die liberale Politik", zürnt die CDU-Chefin. In Sachen öffentlicher Dienst bekräftigt die Ministerpräsidentin, dass es Einschnitte beim Personal geben werde. "Am Ende wird der öffentliche Dienst zwar kleiner sein, aber attraktiv bleiben", sagt sie. So gibt es am Ende dieses Tages zwar keinen historischen Moment, aber einen Vorgeschmack darauf, was die Wähler in diesem Winter-Wahlkampf erwartet: Schwarz und Rot gegen Dunkelrot. "Es geht doch nur noch darum: Wer liegt oben,

wer liegt unten?"

Claudia Willger (Grüne)

"Wenn Sie nicht an die reichen Leute gehen und stattdessen Arbeitsplätze abbauen, ist das eine Sauerei."

Oskar Lafontaine (Linke)

"Am 25. März beginnt die Sommerzeit.

Es wäre auch Zeit für einen neuen Sommer

in der Saar-Politik."

Heiko Maas (SPD)

"Neuwahlen sind alternativlos."

 Aufmerksam lauschte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) der Rede von SPD-Chef Heiko Maas. Foto: Becker&Bredel

Aufmerksam lauschte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) der Rede von SPD-Chef Heiko Maas. Foto: Becker&Bredel

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)

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