Der Südsudan trommelt, tanzt und jubelt

Juba/Makalal. Ein zu Tränen gerührter Präsident, ein schwärmender Hollywood-Star, jubelnde und tanzende Menschen: Am Tag der historischen Volksabstimmung über einen unabhängigen Südsudan überwogen gestern die ganz großen Gefühle. In der Abstimmung geht es um eine Lösung des rohstoffreichen und christlichen Südens vom arabisch geprägten Norden des bisher größten Landes in Afrika

 Diese junge Südsudanesen feiern schon, auch wenn das Ergebnis noch nicht feststeht.Foto: dpa

Diese junge Südsudanesen feiern schon, auch wenn das Ergebnis noch nicht feststeht.Foto: dpa

Juba/Makalal. Ein zu Tränen gerührter Präsident, ein schwärmender Hollywood-Star, jubelnde und tanzende Menschen: Am Tag der historischen Volksabstimmung über einen unabhängigen Südsudan überwogen gestern die ganz großen Gefühle. In der Abstimmung geht es um eine Lösung des rohstoffreichen und christlichen Südens vom arabisch geprägten Norden des bisher größten Landes in Afrika. Das Referendum ist Teil des Friedensabkommens, das 2005 den jahrzehntelangen Bürgerkrieg beendete. In dem Konflikt waren mehr als zwei Millionen Menschen getötet und vier Millionen vertrieben worden.

Trotz zahlreicher ungelöster Probleme wie der Grenzziehung blieben Zukunftssorgen gestern erst einmal ausgeklammert. Am ersten Tag der einwöchigen Abstimmung strömten Hunderttausende zu den Wahllokalen, um ihre Stimme abzugeben. Ein Ergebnis wird erst Anfang Februar erwartet. Kaum jemand zweifelt, dass die Entscheidung für einen eigenen Staat und gegen den Verbleib mit dem Norden fällt.

"Das ist ein historischer Moment", sagte der südsudanesische Präsident Salva Kiir, der in Juba als einer der ersten um acht Uhr morgens seine Stimme abgegeben hatte. "Er steht für den Beginn der echten Selbstbestimmung der Menschen im Südsudan." Mit den Tränen kämpfend erinnerte er an seinen Vorgänger John Garang, mit dem er zusammen die Sudanesische Volksbefreiungsarmee SPLA gegründet hatte, und gedachte der zwei Millionen Menschen, die in dem 21-jährigen Bürgerkrieg ums Leben kamen. "Ich glaube, John und all die anderen sind heute bei uns, und ich muss sicherstellen, dass sie nicht umsonst gestorben sind", sagte er.

Von einem "großen Tag für die Welt" sprach Hollywood-Star George Clooney, der wohl prominenteste Wahlbeobachter. "Wir schauen zu, wie ein Volk seine Freiheit wählt", sagte er. Viele Wähler in Juba hatten bereits die Flaggen des Südsudan um ihre Schultern geschlungen, als sie sich in die langen Schlangen vor den Wahllokalen einreihten. Es wurde getrommelt, getanzt, gejubelt. "Der Süden wird unabhängig sein", zeigte sich auch der 45-jährige Tor Kuet überzeugt, der seit fünf Uhr morgens in Juba auf die Öffnung der Wahllokale gewartet hatte. "Ich sollte glücklich sein. Wir hatten so viele Jahre Krieg. Das ist der einzige Weg, das Blutvergießen zu beenden."

Nicht nur in Juba drängten sich die Wähler. In Malakal im Bundesstaat Upper Nile beobachtete Michael Arunga von der Hilfsorganisation World Vision seit der Morgendämmerung Menschen, die zu Fuß, auf Fahrrädern und in Eselskarren aus den umliegenden Dörfern zu den Wahllokalen strömten. Auch der ständige Wind, der aufgewirbelte Staub und die Hitze konnte die Wartenden nicht entmutigen.

"Ich habe so lange auf diesen Tag gewartet", sagte die 75-jährige Mary Akich Aban, die geduldig am Ende einer langen Warteschlange ausharrte. Die Witwe und siebenfache Mutter sah ihre Teilnahme an der Wahl als "Geschenk des Friedens für die künftigen Generationen" an. "Krieg hat dieses Land zerstört", klagte sie. "Wir sollten ein modernes Land sein, stattdessen leiden wir unter Armut." Die Zeitung "Sudan Tribune" zitierte den 31-jährigen Clement Mayen mit den Worten: "Das ist der Moment, auf den jeder Bürger des Südsudan gewartet hat. Nun gehen wir in die Unabhängigkeit."

Hintergrund

Der neue Staat Südsudan könnte im Sommer gegründet werden. Doch es drohen Probleme: Während des Bürgerkriegs dominierte der Konflikt zwischen dem muslimischen Norden und den meist christlichen Bewohnern des Südens. Doch auch unter den ethnischen Gruppen im Süden herrscht oft bittere Rivalität.

Im Südsudan gibt es reiche Ölvorkommen. Bisher wurden die Einnahmen aus der Förderung zwischen Nord und Süd geteilt. Da die südsudanesische Regierung bei einer Teilung des Landes Anspruch auf die vollen Einnahmen hat, gibt es bei der endgültigen Festlegung der Grenze noch viele Streitpunkte. dpa

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