Der Rotstift wird zum roten Faden

Wenn am Sonntag die Verhandlungskommissionen von CDU und SPD die Chancen einer großen Koalition sondieren, dürfte die Umsetzung der Schuldenbremse das zentrale Gesprächsthema sein. Die Sozialdemokraten an der Saar hatten sie einst erbittert bekämpft. SPD-Landeschef Heiko Maas will sie nun aber als "Realität" akzeptieren

Wenn am Sonntag die Verhandlungskommissionen von CDU und SPD die Chancen einer großen Koalition sondieren, dürfte die Umsetzung der Schuldenbremse das zentrale Gesprächsthema sein. Die Sozialdemokraten an der Saar hatten sie einst erbittert bekämpft. SPD-Landeschef Heiko Maas will sie nun aber als "Realität" akzeptieren.Eine erhebliche Verkleinerung der Zahl der Ministerien und Staatssekretäre gilt vor diesem Hintergrund als ausgemacht. Zumal das in einer Zwei-Parteien-Regierung auch viel leichter machbar ist, weil man weniger Rücksicht auf den Parteien-Proporz nehmen muss.

Was bei der Polizei - mit inoffizieller Zustimmung der Sozialdemokratie - bereits vorexerziert wurde, nämlich die Festlegung auf einen Stellenabbau, wird nun vermutlich auch in anderen Zweigen der Landesverwaltung umgesetzt werden. Dabei dürften die Sozialdemokraten, die vor der Landtagswahl im Gegensatz zur CDU erklärt hatten, sie planten keinen Stellenabbau in der Landesverwaltung, in arge Erklärungsnöte kommen. Andererseits äußerte sich selbst Eugen Roth - in Personalunion DGB-Chef und SPD-Parteivize - bei diesem Thema recht moderat, als er am Freitag in einem Gespräch mit unserer Zeitung lediglich einem "drastischen" Stellenabbau, also nicht einem Stellenabbau überhaupt, eine Absage erteilte.

Die SPD hatte vor der Landtagswahl, als sie von unserer Zeitung zu möglichen Einsparungen im Landeshaushalt befragt wurde, erklärt, sie plane dort "Umschichtungen zugunsten der Bildung". Was aber, wenn die CDU jetzt - und davon kann man ausgehen - die Festlegung im Jamaika-Koalitionsvertrag zur Disposition stellt, dass die demographische Rendite durch rückläufige Schülerzahlen im Bildungssystem verbleiben muss? Einsparungen in diesem Ressort wären für die Sozialdemokraten um so schmerzhafter, als sie sich vor der Landtagswahl dafür ausgesprochen hatten, die Klassenteiler in Grund- und weiterführenden Schulen abzusenken, eine "echte Lernmittelfreiheit" einzuführen und perspektivisch alle Betreuungseinrichtungen gebührenfrei zu stellen. Auch in den Bereichen Soziales, Hochschulen und Infrastruktur-Investitionen schloss die SPD damals Einsparungen kategorisch aus.

Besonders schwer verdaulich dürfte für die CDU-Verhandler um Ministerpräsidentin und Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer der von der SPD verlangte kommunale Entschuldungsfonds sein. Schließlich ist diese Forderung unmittelbar finanzrelevant und kollidiert nach Meinung der Christdemokraten mit der Schuldenbremse. Dasselbe gilt nicht zuletzt für die Forderung im SPD-Regierungsprogramm von 2009, "die Arbeitsmarktpolitik auf Landesebene durch eigenständige Landesprogramme . . . wiederzubeleben".

Andere Themen dürften für die beiden potenziellen Koalitionspartner weitgehend schmerzfrei sein. In der Industriepolitik werden beide die ökologischen Anforderungen zurückschrauben. Die Nordsaarlandstraße dürfte kein Thema sein, an dem die große Koalition scheitert. Und in der Energiepolitik besteht Einvernehmen zwischen Christ- und Sozialdemokraten, dass man auch fossile Großkraftwerke befürwortet, sofern sie auf dem neuesten technischen Stand sind.

Von hoher symbolischer Bedeutung ist für die SPD das von ihr geforderte neue Tariftreue-Gesetz für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Das jetzige Gesetz hat aus Sicht der Genossen zu viele Schlupflöcher. So fehlt eine allgemeine Lohnuntergrenze, und im Verkehrsgewerbe kann das Gesetz nach Meinung der Sozialdemokraten leicht durch Tarifverträge mit "Scheingewerkschaften" unterlaufen werden.

Daneben gibt es die traditionellen Konfliktfelder von CDU und SPD: Die Sozialdemokraten wollen die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen gesetzlich ausbauen. Sie wollen die Frauenförderung in einer Stabsstelle in der Staatskanzlei ansiedeln und das Wahlalter auf 16 Jahre absenken, pochen darauf, die Gebührenfreiheit des Studiums beizubehalten, möchten die Videoüberwachung einschränken und lehnen die automatische Erfassung von Kfz-Kennzeichen ab. Alles Forderungen, die an sich mit christdemokratischer Politik unvereinbar sind. Man darf gespannt sein, wie beide Parteien da auf einen Nenner kommen.

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