Der Regierungssprecher mit dem "Robert-Redford-Lächeln" nimmt Abschied

Berlin. Ulrich Wilhelm (49, Foto: dpa) war mehr als ein Regierungssprecher: Er war einer der engsten Berater der Kanzlerin. Er war nicht nur bei fast allen ihrer Termine dabei, er weiß auch, wie sie politisch denkt. Bei seiner Aufgabe halfen dem Staatssekretär zwei Tugenden, die parteiübergreifend geschätzt wurden: Freundlichkeit und Loyalität

Berlin. Ulrich Wilhelm (49, Foto: dpa) war mehr als ein Regierungssprecher: Er war einer der engsten Berater der Kanzlerin. Er war nicht nur bei fast allen ihrer Termine dabei, er weiß auch, wie sie politisch denkt. Bei seiner Aufgabe halfen dem Staatssekretär zwei Tugenden, die parteiübergreifend geschätzt wurden: Freundlichkeit und Loyalität. Wilhelm lächelt wie US-Schauspieler Robert Redford, heißt es in Berlin. Aber das, was er sagte, konnte weitaus mehr Konsequenzen haben. Heute verabschiedet sich Wilhelm nach fast fünf Jahren von Berlin.

Der Jurist und Journalist startet am 1. Februar 2011 als Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR). Im Mai setzte sich der Chef des Bundespresseamtes im BR-Rundfunkrat mit 90 Prozent gegen den BR-Landtagskorrespondenten Rudolf Erhard durch. "Das macht mich ja fast sprachlos", sagte er über das Votum. Sprachlos - das ist bisher allerdings nicht passiert, wenn Wilhelm von Journalisten gefragt wurde. Ruhig und sachlich antwortete er und zog klare Grenzen zwischen der Regierung und den Parteien. Doch auch wenn er stets gelächelt hat - bei alldem stand naturgemäß immer das Ziel obenan, die Politik seiner Chefin positiv zu verbreiten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte Wilhelm bei ihrer traditionellen Sommerpressekonferenz ungewöhnlich offen. "Es war eine wunderbare Zusammenarbeit." Sie sprach von der Präzision Wilhelms in seiner Arbeit und von dessen Geduld im Umgang mit Journalisten. Was sie ganz toll fand: "Dass wir beide immer versucht haben, nicht mit verschiedenen Zungen zu verschiedenen Leuten zu sprechen." Lob bekam Wilhelm auch vom Vizekanzler: Er hinterlasse sehr große Fußstapfen, meint Guido Westerwelle (FDP).

Als Vize-Regierungssprecherin der letzten DDR-Regierung kennt Merkel das Metier. Sie entschied sich 2005 für Wilhelm als Sprecher. Erstmals kam sie mit dem Absolventen der Deutschen Journalistenschule 1990 in Kontakt, als er für das Bayerische Fernsehen an einem Porträt über Kanzler Helmut Kohl arbeitete. Später gab es Kontakt bei der Kanzlerkandidatur des damaligen CSU-Chefs Edmund Stoiber 2002. Wilhelm war vor seiner Zeit in Berlin bayerischer Regierungssprecher unter Stoiber und Amtschef im Wissenschaftsministerium. Nun zieht es ihn wieder in die Heimat nach München.

Nach seinem Berlin-Abschied geht es für Wilhelm erst einmal in die Sommerpause. Nach einer Zeit der Erholung will er sich ausgiebig auf die neue Aufgabe und den Bayerischen Rundfunk vorbereiten. Für die Kanzlerin, die die Entscheidung über seinen Nachfolger lange hinausgezögert hatte, heißt es ebenfalls Abschied nehmen. Das dürfte ihr nicht leicht fallen. Zugleich bereitet sie sich aber schon auf die Zusammenarbeit mit Wilhelms Nachfolger Steffen Seibert (50, Foto: dpa) vor, der vom ZDF kommt.

Merkel freut sich für den scheidenden Regierungssprecher, dass er eine neue wichtige Aufgabe in Bayern übernimmt. "Hat lange gedauert", räumte Merkel ein. "Bin aber sehr froh, dass ich es vor seinem Ausscheiden noch geschafft habe."

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