Der Papst schließt die Heilige Pforte

Rom · Es ist die zentrale Botschaft von Papst Franziskus: Barmherzigkeit. Die Gläubigen ruft er auf, sich auch nach dem Ende des Heiligen Jahres notleidenden Menschen zuzuwenden. Das gilt gewiss auch für 17 neue Kardinäle.

Der Papst betete, stieg die drei Stufen zu der schweren Bronzetür hinauf und zog langsam die beiden Flügel zu. Anschließend hielt er noch einmal vor der geschlossenen Tür inne und betete nochmals. Ein außergewöhnliches Jahr in der katholischen Kirche ist zu Ende: Mit dem Schließen der Heiligen Pforte im Petersdom beendete Papst Franziskus gestern das "Heilige Jahr der Barmherzigkeit", in dessen Verlauf er Flüchtlinge im Vatikan aufgenommen und Mutter Teresa heiliggesprochen hatte. In einer Messe rief er die Gläubigen auf, stets zur Versöhnung und Vergebung bereit zu sein.

Das Schließen der Heiligen Pforte ist das Abschlussritual des außerordentlichen Jubeljahres, das der Papst am 8. Dezember 2015 mit dem Öffnen der Tür eingeläutet hatte. Es war erst das dritte außerordentliche Jubeljahr seit Beginn dieser Tradition der katholischen Kirche vor 700 Jahren. Das nächste ordentliche Jubeljahr findet 2025 statt. Die heilige Pforte wird bis dahin wieder hinter einer Mauer verborgen sein.

Während des Heiligen Jahres wurde Gläubigen unter bestimmten Bedingungen ein vollständiger Erlass ihrer Sünden gewährt. Franziskus lud in den vergangenen zwölf Monaten außerdem Obdachlose, Häftlinge und Flüchtlinge in den Vatikan ein. Mehrere syrische Flüchtlinge fanden im Vatikan Zuflucht. An einem Freitag im Monat stattete Franziskus persönliche Besuche ab und traf etwa kranke Kinder, alte Menschen, geistig Behinderte, ehemalige Prostituierte oder Ex-Priester, die Väter geworden sind. Einer der Höhepunkte des Heiligen Jahres war die Heiligsprechung der Ordensfrau Mutter Teresa. Nach Vatikan-Angaben reisten während des Jubeljahres mehr als 20 Millionen Pilger nach Rom .

Nach dem Schließen der Heiligen Pforte hielt der Papst auf dem Petersplatz eine Messe unter freiem Himmel ab. "Gott hat kein Gedächtnis für Sünde", sagte er in der Predigt vor rund 70 000 Gläubigen, die sich bei strahlendem Sonnenschein auf dem Platz versammelt hatten. "Und er glaubt, dass es immer möglich ist, neu anzufangen, uns wieder hochzuziehen." Der 79-Jährige appellierte an die Gläubigen, offen für Versöhnung zu sein: "Bitten wir die Barmherzigkeit, niemals die Türen der Versöhnung und der Vergebung zu schließen, sondern zu wissen, wie wir das Böse und die Meinungsverschiedenheiten überwinden", sagte Franziskus. "Selbst wenn die Heilige Pforte geschlossen ist: Die wahre Tür der Barmherzigkeit, das Herz Christi, bleibt für uns immer weit geöffnet."

In einer weiteren Zeremonie ernannte der Papst am Samstag 17 neue Kardinäle aus allen fünf Kontinenten. Fünf von ihnen stammen aus Ländern, die zuvor noch nie einen Kardinal gestellt haben: Lesotho, Papua-Neuguinea, Mauritius, Bangladesch und Malaysia. Ein Deutscher war nicht dabei. Beobachter sehen darin einen weiteren Beleg für die Strategie des Papstes, die Ränder der Weltkirche zu stärken. 13 der neuen Kardinäle sind noch unter 80 Jahre alt sind und wären im nächsten Konklave wahlberechtigt. Franziskus hat mit der Ernennung auch Weichen für die Zukunft der katholischen Kirche gestellt.

Meinung:

Ein langer Weg zu Reformen

Von SZ-Mitarbeiter Julius Müller-Meiningen

Das Heilige Jahr ist vorbei. Die Frage wird nun lauter, ob damit auch die päpstlichen Reforminitiativen am Ende sind. International ist der Vatikan zwar präsent, wie der päpstliche Einsatz für Friedensverhandlungen in Ländern wie Kolumbien zeigt. Innerkirchlich ist die Lage jedoch kompliziert. Dass Franziskus zum Beispiel eine Abkehr vom rigorosen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen andeutet, kommt für manche einem Verrat am Evangelium gleich. Franziskus-Anhänger fürchten daher, dass der Schwung der Reformen verpufft. Bischöfe könnten aber vom Papst selbst eröffnete Spielräume nutzen - etwa für die Weihe verheirateter Diakone, damit sie auch priesterliche Dienste übernehmen. So ein Schritt würde Franziskus eigene Initiativen ersparen und wären für ihn wohl eine Erleichterung.

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