Berlin/Saarbrücken Der Mann, der der Schlager war

Berlin/Saarbrücken · Nein, er war weder Denker noch Erfinder. Nicht mal Politiker. Und selbst in seinen Sendungen kam das Wesentliche, die Musik, selten von ihm. Im Grunde war er der Stichwortgeber der Stars. Und dennoch verneigte sich halb Deutschland vor Dieter Thomas Heck, als er Ende August 2018 starb – mit 80 Jahren.

 Dem SR blieb „Hitparaden“-Moderator Dieter Thomas Heck stets treu.

Dem SR blieb „Hitparaden“-Moderator Dieter Thomas Heck stets treu.

Foto: dpa/Ursula Düren

Im Zenit seiner Popularität war das nicht unbedingt absehbar. Als er die von ihm miterfundene Hitparade im „Zett-Dee-Eff“ moderierte, von 1969 bis 1984, war der Mann mit dem Maschinengewehr-Bariton so verehrt wie verhasst. Wer Rock hörte, links dachte und später grün fühlte, sah in Heck, der von 1966 an beim SR den Grundstein seiner Bekanntheit legte, vor allem einen Kristallisationspunkt der Spießerkultur. Jemand, den Schlager-Fans und CDU-Wähler gut finden.

Doch mit der Zeit wurde aus „DTH“ Kult. Als personifizierte Erinnerung an Zeiten, als das Fernsehen noch Leitkultur sendete. Zwischen Tagesschau, Hitparade und dem Musikladen von Radio Bremen (mit der weiteren SR-Legende Manfred Sexauer) ließ sich damals tatsächlich fast die gesamte Republik einsortieren. Heck war dabei für das Scha-la-la-la zuständig. Bis zu 20 Millionen schalteten bei der Hitparade ein. Zwar terrorisierte die RAF das Land und seine Lenker, und der Kalte Krieg taute nur zaghaft, doch einmal im Monat war samstagabends die Welt noch in Ordnung, wenn der gebürtige Flensburger etwa Bata Illic singen ließ: „Ich möchte der Knopf an deiner Bluse sein.“ Die Deutschen waren mit wenig zufrieden, damals. Heck aber servierte dieses Schlichte auch als sei es Großes. Jeden annoncierte er mit dieser Stimme unter Millionen, deren Einschmeichel-Ostinato Heck einst als Autoverkäufer perfektioniert hatte.

Carl-Dieter Heckscher, so sein bürgerlicher Name, hatte als Kind noch den Bombensturm von Hamburg überlebt. Er gehörte zu jener Generation, die mit der Gewissheit anpackte, dass es eigentlich bloß besser werden kann. Mit dieser Gewissheit stand er auch vor der Kamera. Irgendwann war Hecks Hitparade dem ZDF dann nicht mehr jung genug. Er selbst aber blieb immer im passenden Alter für sein Publikum und moderierte von 1987 an „Melodien für Millionen“. Heute würde sich das Zweite eine solchen Titel wohl nicht mehr trauen. Aber es gibt ja auch keinen Dieter Thomas Heck mehr.

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