Der langsame Abschied vom Bierdeckel - Steuerpläne der Union

Berlin. Nach der Wahlniederlage von 2002 stieß die noch junge Parteivorsitzende Angela Merkel eine Reform der CDU-Programmatik an.Der damalige Fraktionschef Friedrich Merz (Foto: ddp) entwickelte daraufhin ein radikales Konzept zur Steuervereinfachung: Die Bürger sollten ihre Steuern auf einem Bierdeckel errechnen können

Berlin. Nach der Wahlniederlage von 2002 stieß die noch junge Parteivorsitzende Angela Merkel eine Reform der CDU-Programmatik an.Der damalige Fraktionschef Friedrich Merz (Foto: ddp) entwickelte daraufhin ein radikales Konzept zur Steuervereinfachung: Die Bürger sollten ihre Steuern auf einem Bierdeckel errechnen können. Merz schlug einen dreistufigen Tarif - zwölf, 24 und 36 Prozent - und hohe Grundfreibeträge vor. Im Gegenzug sollten alle Steuervergünstigungen entfallen, auch für Sonntags-, Feiertags- und Nacht-Arbeit. Der Leipziger Parteitag beschloss im Dezember 2003 sein Konzept.Es geriet schon bald in die Kritik, weil es nicht mit dem Unionskonzept einer radikalen Gesundheitsreform hin zu einer Gesundheitsprämie abgestimmt und der CSU zu teuer war. Merz und der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) einigten sich im März 2004 auf einen Kompromiss, der sich letztlich von den drei Stufen verabschiedete, aber noch einen Höchstsatz von 36 Prozent vorsah. Im Wahlprogramm 2005 wurde das Merz-Modell weiter aufgeweicht. Bei einem linear-progressiven Verlauf versprach die Union aber immer noch eine Lohn- und Einkommensteuer zwischen zwölf und 39 Prozent. Zur Gegenfinanzierung sollten weiter alle Ausnahmen gestrichen werden.Für die SPD war der Verlust des steuerfreien Nachtzuschlags für Krankenschwestern und der Pendlerpauschale im Wahlkampf eine Steilvorlage. Zur Verwirrung sorgte auch, dass der Finanzexperte im Unions-Kompetenzteam, Professor Paul Kirchhof, persönlich für eine so genannte Flat Tax mit einem einheitlichen Satz von 25 Prozent war. Nach der Wahl 2005 wurde in der großen Koalition unter Kanzlerin Merkel das Reformprojekt nicht verfolgt, obwohl viele Privilegien wie die Pendlerpauschale abgeschafft wurden und die Mehrwertsteuer um drei Punkte erhöht wurde. Das Ziel der Haushaltskonsolidierung stand auf einmal im Mittelpunkt. Die CDU hielt dennoch am Ziel einer Reform nach den Prinzipien "einfach, niedrig, gerecht" fest. Im Leitantrag für den CDU-Parteitag in Stuttgart wird dies aber nicht näher konkretisiert. Versprochen wird nur, den Tarifverlauf so zu gestalten, "dass Gehaltserhöhungen oder Mehrarbeit nicht durch die ,kalte Progression' minimiert werden, sondern bei den Bürgern auch stärker ankommen". Nun gibt es Rufe nach schneller Entlastung - ganz im Sinne der CSU, die im bayerischen Landtagswahlkampf unter anderem eine Wiedereinführung der Pendlerpauschale forderte. In diesem Punkt blieb Angela Merkel aber hart. dpa

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