Der lange und steinige Weg zum NPD-Verbot

Berlin. Seit Jahren diskutiert die Politik über ein Verbot der rechtsextremen NPD. Einen zweiten Anlauf nach dem gescheiterten Verbotsverfahren von 2003 wagte sie bislang nicht. Doch nach den Neonazi-Morden mit zehn Todesopfern stieg der Druck, es noch einmal mit einem Verbotsverfahren zu versuchen. Heute beraten die Innenminister über das Thema

Berlin. Seit Jahren diskutiert die Politik über ein Verbot der rechtsextremen NPD. Einen zweiten Anlauf nach dem gescheiterten Verbotsverfahren von 2003 wagte sie bislang nicht. Doch nach den Neonazi-Morden mit zehn Todesopfern stieg der Druck, es noch einmal mit einem Verbotsverfahren zu versuchen. Heute beraten die Innenminister über das Thema.Es ist schwierig, ein Verbot durchzusetzen: Das Grundgesetz stattet die Parteien wegen ihrer Sonderstellung im Verfassungsleben mit einer erhöhten Schutz- und Bestandsgarantie aus ("Parteienprivileg"). So dürfen Parteien wegen ihrer politischen Meinung oder Betätigung nicht benachteiligt oder verfolgt werden. Nur das Bundesverfassungsgericht kann eine Partei wegen Verfassungswidrigkeit verbieten. Anträge dazu können nur die Bundesregierung, der Bundesrat oder der Bundestag stellen. Das ist die Lehre aus dem Dritten Reich, als Reichskanzler Adolf Hitler eigenmächtig Parteien wie beispielsweise die SPD verbieten ließ.

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Innenminister hat bislang drei zentrale Kriterien für ein erfolgreiches Verbotsverfahren ausgemacht: Das Beweismaterial muss belegen, dass die NPD verfassungsfeindlich ist - nicht nur rückblickend, sondern auch gegenwärtig. Auch muss das Material "staatsfrei" sein, das heißt, es darf nicht wesentlich auf Aussagen von Vertrauensleuten ("V-Leute") des Verfassungsschutzes in der NPD zurückgehen. Dies ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2003. Damals scheiterte das Verbotsverfahren gerade auch, weil es hier Ungenauigkeiten gab. Zudem muss das Verbot verhältnismäßig sein, damit es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht kippt. Die zentrale Frage ist: Wie groß ist die Bedrohung durch die NPD für die Demokratie in Deutschland und ist angesichts dessen ein Verbot gerechtfertigt?

Voraussichtlich werden die Innenminister heute beschließen, dass die Verfassungsschützer zum 1. April auf V-Leute in der NPD-Führung verzichten und dass die Behörden nach bestimmten Kriterien Beweise für ein mögliches Verbotsverfahren sammeln sollen. Einige Länder haben die V-Leute schon "abgeschaltet". Vor allem Unionsminister wollen aber nicht ganz auf V-Leute verzichten - im Unterbau der NPD und an den Nahtstellen zur rechtsextremen Szene wird es sie weiter geben.

Die Frage. ob ein neues Verbotsverfahren kommt, ist noch nicht entschieden. Beantwortet wird sie wahrscheinlich zum Jahresende, wenn das Beweismaterial juristisch vorgeprüft ist. Ein großer Knackpunkt sind nach wie vor die V-Leute. Man muss damit rechnen, dass das Bundesverfassungsgericht die Klarnamen von Spitzeln offengelegt haben möchte. Auch die NPD-Anwälte könnten darauf dringen. Eine Reihe von Innenministern fürchten aber eine Offenlegung, weil den V-Leuten wegen möglicher Racheakte aus der Szene zugesichert wurde, sie unter keinen Umständen zu enttarnen. Bei einer Enttarnung wäre es künftig schwierig, neue Spitzel zu gewinnen.

Nach den Innenministern kommen am 29. März die Ministerpräsidenten zusammen, um auch über das Thema NPD zu beraten. Unter anderem hatte Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU) erklärt, sie rechne dann mit einer Entscheidung für ein NPD-Verbotsverfahren. Das ist aber bislang eine Einzelmeinung. Zumal die Innenminister durchweg gegen einen solchen Schnellschuss sein dürften.

Auf einen Blick

Das Saar-Innenministerium schreibt in einer Mitteilung, es halte die NPD für verfassungsfeindlich. Vor einem Verbotsverfahren müssten jedoch alle Daten und Dokumente gesammelt und gesichtet werden. Nur so könne bewertet werden, ob ein Verbotsverfahren Erfolg versprechen würde. Denn ein erneutes Scheitern des Verbots würde die NPD bestärken. red

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