Der Klub, der kein Konzern mehr sein will

München · Der ADAC will mit einer neuen Struktur aus der schwersten Krise seiner Geschichte kommen. Heute sollen die Regionalverbände die Reformpläne absegnen.

In der 111-jährigen Geschichte des ADAC hat es das noch nicht gegeben: Am heutigen Samstag treffen sich 197 Delegierte zur ersten außerordentlichen Hauptversammlung des zweitgrößten Autoclubs der Welt. Wenn sie am Nachmittag wieder auseinander gehen, dürften sie das größte Reformprogramm in der Geschichte des Vereins auf den Weg gebracht haben. Der ADAC wird seine wirtschaftlichen Aktivitäten in eine Aktiengesellschaft auslagern.

Mit der Hauptversammlung enden für den Autoclub turbulente Monate, die als Skandaljahr in der Vereinsgeschichte eingehen werden. Zuerst die Enthüllung über Manipulationen bei der Leserwahl zum Autopreis "Gelber Engel". Danach weitere Enthüllungen etwa über die private Nutzung der Luftrettungs-Hubschrauber. Dazu die Entlassung des für die Manipulationen verantwortlichen Kommunikations-chef Michael Ramstetter, die Trennung von Geschäftsführer Karl Obermair und der Rücktritt von ADAC-Präsident Peter Meyer. Pikanterweise wird Meyer am Samstag als Delegierter an der Sitzung teilnehmen. Er ist trotz seines Rücktritts, mit dem er im Februar einer Amtsenthebung zuvorkam, Chef des Regionalclubs Nordrhein geblieben. Und da die Regionalclubs die Delegierten zur Hauptversammlung entsenden, darf und wird er auch dabei sein, wie eine Sprecherin des ADAC Nordrhein sagt.

Die Hauptversammlung soll den in den vergangenen Jahren forcierten radikalen Expansionskurs korrigieren, der aus dem eingetragenen Verein einen Milliardenkonzern machte. Das Reformpaket sieht nach Angaben von Kennern des Papiers vor, die Vereinsaktivitäten von den Wirtschaftsaktivitäten zu trennen. Dann soll auch Schluss sein mit der Vereinshuberei, die den Vertretern der Regionalclubs erlaubte, mit in die Geschäftstätigkeiten hinein zu regieren: Künftig soll der Wirtschaftsbetrieb statt als GmbH als Aktiengesellschaft geführt werden - und diese ist nicht weisungsabhängig vom Verein.

Als zweite große Säule der Reform soll die Gründung einer Stiftung stehen. Diese wird 25,01 Prozent an der AG halten und damit eine Sperrminorität bekommen. Erstaunlich ist allerdings, dass die personelle Erneuerung beim ADAC zum Erliegen gekommen ist. Auf "ausdrücklichen Wunsch" des externen Beirats bewirbt sich am Samstag der bisherige Vizepräsident und kommissarische ADAC-Präsident August Markl um das Präsidentenamt. Noch im Frühjahr hatte Markl solch eine Kandidatur abgelehnt. Damals wäre sie auch kaum vermittelbar gewesen: So hatte Ex-Präsident Meyer am Tag seines Rücktritts alle seine Präsidiumskollegen zum kollektiven Rücktritt aufgefordert und dies damit begründet, dass sämtliche umstrittenen Entscheidungen von ihnen mitgetragen worden seien. Heute nun wird Meyer feststellen müssen, dass alle seine früheren Vize-Präsidenten ihr Amt behalten haben.

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