Der große Theologe auf dem Papstthron

Vatikanstadt. Der Rücktritt von Benedikt XVI. kam plötzlich, aber nicht ganz überraschend. Der 85-jährige Papst sah, dass seine Kräfte nachließen. Und für einen solchen Fall hatte er selbst schon vor Jahren den Amtsverzicht als notwendig, wenn nicht als geboten bezeichnet. Mit sieben Jahren, zehn Monaten und neun Tagen war das Pontifikat Benedikt XVI

Vatikanstadt. Der Rücktritt von Benedikt XVI. kam plötzlich, aber nicht ganz überraschend. Der 85-jährige Papst sah, dass seine Kräfte nachließen. Und für einen solchen Fall hatte er selbst schon vor Jahren den Amtsverzicht als notwendig, wenn nicht als geboten bezeichnet. Mit sieben Jahren, zehn Monaten und neun Tagen war das Pontifikat Benedikt XVI. (2005-2013) kürzer als das seines Vorgängers Johannes Paul II. mit fast 27 Jahren, aber es war das längste eines "deutschen" Papstes. Der erste Papst aus Deutschland nach 500 Jahren hat die Kirche in besonderer, einzigartiger Weise geprägt.Ein Machtmensch war Benedikt XVI. nicht. Er hat gepredigt, Katechesen gehalten, zur Vertiefung des Glaubens beigetragen, und sehr viele Menschen haben ihm gerne zugehört, betont sein früherer Professoren-Kollege, Kurienkardinal Walter Kasper. Er verstand sich weniger auf spektakuläre Gesten wie zuvor der polnische Papst, auch wenn ihm auf seinen Auslandsreisen wie in Rom die Menschenmassen zujubelten.

Benedikt XVI. wollte die Kirche vielmehr wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen. Am 19. April 2005 wurde Kardinal Joseph Ratzinger, der als Favorit ins Konklave ging, an die Spitze der Weltkirche gewählt. Auffallend rasch gelang es ihm, aus dem Schatten seines Vorgängers zu treten, den er nach einem Seligsprechungsprozess in Rekordzeit zur Ehre der Altäre erhob. Benedikt XVI. akzentuierte in seinem Pontifikat manches anders, insbesondere die Debatte um das Erbe des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Das Konzil war für ihn nicht Bruch, sondern eine Etappe in der Kirchengeschichte. Dazu gehörte auch sein Bemühen um eine Aussöhnung mit den Traditionalisten. Durch eine breitere Einführung der "alten Liturgie" von 1962 wollte er ihnen entgegenkommen. Die mögliche Einigung hinterließ er seinem Nachfolger.

Benedikt XVI. reiste weniger als Johannes Paul II. Dennoch unternahm er 24 Besuche auf allen Kontinenten. Starke "politische" Akzente setzte sein Pontifikat in Richtung Nahost. Vielversprechend waren die Signale seiner Kuba-Reise.

Gefestigt und ausgebaut hat Benedikt XVI. die ökumenischen und interreligiösen Kontakte. Die Beziehungen zum Judentum sind inzwischen so gefestigt, dass sie auch schweren Belastungen wie nach dem Williamson-Skandal oder dem Streit um die Karfreitagsfürbitte standhalten. Auch das Verhältnis zum Islam, das nach der "Regensburger Rede" 2006 mit dem mohammed-kritischen Zitat einen Einbruch erlebte, ist wieder stabil.

Bittere Zeiten musste Benedikt XVI. 2009 durchleben, als aus der Rücknahme der Exkommunikation für die traditionalistischen Piusbrüder ein medialer GAU entstand: Denn unter ihnen war auch der Holocaust-Leugner Richard Williamson. Die folgenden Missdeutungen, Entschuldigungen und Neustrukturierungen hinterließen Schrammen. Noch dramatischer wirkte ein Jahr später die neuerliche Explosion von Missbrauchsskandalen. Erst nach Monaten gelang es Rom, die seit 2001 geltende und durch den Kurienkardinal Ratzinger durchgesetzte Rechtslage und die kirchliche Praxis darzulegen. Mehrfach musste sich Benedikt XVI. persönlich öffentlich entschuldigen.

Seit Anfang 2012 hatte der Vatikan dann mit "Vatileaks" und dem Verrat geheimer Dokumente durch den päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele ein neues Problem. Ein Vorgang, der ihn persönlich schmerzte, aber noch mehr irritierte, weil er die Psyche seines untreuen Butlers nicht einordnen konnte.

Für seinen Rücktritt hat sich Benedikt XVI. einen Zeitpunkt ausgesucht, an dem sich die Wellen der Erregung etwas geglättet haben. Kurienkardinal Walter Kasper ist überzeugt, dass viele, die ihn heute noch kritisieren, ihn bald sehr vermissen werden. "Wir werden nicht so schnell wieder einen Papst von dem gleichen geistigen und geistlichen Format haben wie Benedikt XVI." kna

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