Der ewige Streit um den "richtigen" Wahltermin

Saarbrücken. Um keine Frage haben die Spitzen von CDU und SPD im Saarland in den zurückliegenden Tagen so heftig gerungen wie um den Termin für die nächste Landtagswahl. Neben Fragen der Bildungs- und Sozialpolitik war dies der Knackpunkt der Gespräche

Saarbrücken. Um keine Frage haben die Spitzen von CDU und SPD im Saarland in den zurückliegenden Tagen so heftig gerungen wie um den Termin für die nächste Landtagswahl. Neben Fragen der Bildungs- und Sozialpolitik war dies der Knackpunkt der Gespräche. Doch warum ist es eigentlich so entscheidend, wann eine Wahl stattfindet?Vor der Landtagswahl 2009 gab der damalige CDU-Fraktionschef Jürgen Schreier in einer Landtagsdebatte eine simple, aber ehrliche Antwort: Parteien und Regierungen würden "natürlich auch danach die Wahltermine legen, wann sie vermeintlich den größten Vorteil haben". Es geht, neben allen hehren Zielen, eben auch um die eigenen machtpolitischen Vorteile und Interessen.

Die Sozialdemokraten führten dieser Tage offiziell einen staatspolitischen Grund für ihre Forderung an, die Landtagswahl von 2014 um ein Jahr auf den Tag der Bundestagswahl vorzuziehen: Wenn die Umsetzung der Schuldenbremse ab 2014 richtig zu schmerzen beginne, so hieß es, benötige das Land eine frische, handlungsfähige Regierung - und keinen Wahlkampf. Doch es ging auch um handfesten Eigennutz der SPD-Spitze: Große Teile der Basis hatten auf sofortige Neuwahlen gedrängt, weil sie glaubten, dass die SPD danach als stärkste Kraft den Ministerpräsidenten stellen würde. Ein vorgezogener Wahltermin war in den Augen der SPD-Führung ein Kompromiss, um Ruhe in die eigenen Reihen zu bringen. Landeschef Heiko Maas hätte damit seine Kritiker besänftigen können, die - wie Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz - Neuwahlen forderten.

Sicher hatten die Sozialdemokraten bei einer Zusammenlegung der Wahltermine auch auf ein besseres Ergebnis spekuliert. Denn die Erfahrung zeigt, dass die Saar-SPD von einer hohen Wahlbeteiligung, wie es sie am ehesten bei Bundestagswahlen gibt, profitiert. Die CDU konnte von 1999 bis 2009 nur deshalb allein regieren, weil viele frustrierte SPD-Wähler bei den Landtagswahlen zu Hause blieben.

Diskussionen über den Wahltermin hat es in der Vergangenheit häufiger gegeben. Zum Beispiel 1994: Ein neuer Landtag hätte turnusgemäß zwischen Ende November 1994 und Mitte Februar 1995 gewählt werden sollen. Nachdem die Bundestagswahl auf den 16. Oktober terminiert wurde, schlug die alleinregierende SPD vor, den Landtag aufzulösen und die Landtagswahl ebenfalls auf den 16. Oktober zu legen - so könne man Geld sparen und im Super-Wahljahr "Synergieeffekte" erzielen. Für die SPD ging es aber noch um eine andere Frage: Ihr Spitzenmann Oskar Lafontaine war auf dem Sprung nach Bonn. Wäre der Landtag erst nach dem Bundestag gewählt worden, hätte der populäre Regierungschef womöglich nicht mehr als Spitzenkandidat im Saarland antreten können.

Die CDU sperrte sich zunächst gegen eine Selbstauflösung des Landtags. Doch als Kanzler Helmut Kohl die Bundestagswahl zur Richtungswahl ausrief und die Umfragewerte für die Union im Bund anzogen, änderte die Saar-CDU plötzlich ihre Haltung. Fraktionschef Peter Müller gab zu, dass seiner Partei der Kurswechsel "auch deshalb leichter gefallen ist, weil wir wissen, dass wir damit die Chancen für unsere Partei nicht verschlechtern".

2009 wollten SPD, Grüne und FDP Bundestags- und Landtagswahlen bündeln - offiziell wegen Kosteneinsparungen und weil sie im Super-Wahljahr "Ermüdungsprozesse" bei den Wählern fürchteten. Anders als 1994 hätte dafür der Landtag aber nicht vorher aufgelöst werden müssen. Die damalige CDU-Alleinregierung bestimmte schließlich einen eigenständigen Termin vier Wochen vor der Bundestagswahl. Offizielle Begründung: Bei einem gemeinsamen Wahltermin stünden bundespolitische Themen im Vordergrund, dies sei dem Charakter einer Landtagswahl aber nicht angemessen. Weil die CDU von einer niedrigen Wahlbeteiligung eher profitiert, wollte sie verhindern, dass zeitgleich mit der Bundestagswahl viele SPD-Wähler zur Urne gehen, die bei einer eigenständigen Landtagswahl zu Hause geblieben wären.

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