Steinmeier im Saarland Der erste Mann im „Musterland“ an der Saar

Saarbrücken · Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier tourt zwei Tage lang durch das Saarland. Es geht um Gefahren für die Demokratie, Selfies und alte Bekannte.

Ein Hochsicherheitsakt: Eine Motorrad-Staffel der Polizei begleitet die Kolonne des Bundespräsidenten überall hin. Hier sind sie auf dem Weg zum saarländischen Landtag.

Ein Hochsicherheitsakt: Eine Motorrad-Staffel der Polizei begleitet die Kolonne des Bundespräsidenten überall hin. Hier sind sie auf dem Weg zum saarländischen Landtag.

Foto: dpa/Arne Dedert

Ein paar Dutzend Menschen starren auf einen leeren Gepäckwagen auf dem Rollfeld des Ensheimer Flughafens. Dort wird er gleich landen: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.  Alles ist minutiös geplant. Der Programmpunkt „Auf einen Gepäckwagen starren“ steht nicht im Protokoll. Das fällt heute unter „Improvisation“. Die soll es auch am späten Nachmittag noch geben. Von Steinmeier höchstpersönlich. Ein Horrorakt – für Polizei und Geheimdienste. Doch das übliche Bad in der Menge muss sein. Beipielsweise beim Spaziergang durch die Saarbrücker Altstadt.

Aber jetzt gehen erstmal die Köpfe nach oben. Das bestimmende Gefühl des Tages. Steinmeier kommt von oben – aus Berlin ins Saarland. Um 9.55 Uhr, fünf Minuten früher als geplant, rollt seine weiße Luftwaffen-Maschine zum Gepäckwagen. Hastig wird kurz zuvor noch ein roter Teppich ausgerollt. Hinter einem Hangar fährt zeitgleich der Tross von Neu-Ministerpräsident Tobias Hans und Landtagspräsident Stephan Toscani (beide CDU) vor.

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Foto: BeckerBredel

Direkt vorne parken die schwarzen Limousinen. Das Präsidenten-Auto mit Kennzeichen „O – 1“ in erster Reihe. Der erste Mann im Staat – und beim Kraftfahrtbundesamt. Dahinter reihen sich die anderen ein. Zuerst steigt seine Frau Elke Büdenbender aus, die ihn bei seinen Reisen begleitet. Und dann erscheint Steinmeier. Obligatorisches Händeschütteln mit den Saar-Politikern und ihren Gattinnen. Ab ins Auto und zur Staatskanzlei.

Es ist Steinmeiers Antrittsbesuch im Saarland. Er will Land und Leute kennenlernen, sich als ihr Bundespräsident vorstellen. Das Amt hat er schon seit 2017 inne. Das Saarland: die 14. Station seiner „Deutschlandreise“. „Es spricht für Sie, dass Sie sich das Beste zum Schluss aufgehoben haben. Das zeichnet Kenner und Genießer aus“, wird Hans später in der Staatskanzlei zum Staatsoberhaupt sagen. Nur fürs Protokoll: Rheinland-Pfalz hat er damit nicht gemeint, die tatsächlich letzte Etappe.

Jetzt aber erstmal großer Bahnhof vor der Staatskanzlei. Wieder biegt Steinmeiers Auto als erstes um die Kurve. Wieder erwartet ihn ein roter Teppich. Wieder ein staatsmännisches Begrüßungskomitee mit Hausherr Hans. Diesmal jubeln ihm aber auch Passanten zu. Selfie-Zeit. „Jetzt bin ich ein Star“, sagt eine Schülerin mit hochrotem Kopf. Ihre Stimme überschlägt sich. Sie hat das erste Foto mit dem Polit-Star aus Berlin gemacht. Begleitet vom Rattern der Journalistenkameras.

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Bundespräsident Steinmeier zu Gast bei der Saarbrücker Zeitung

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Foto: Rich Serra

Und dann die langersehnte Rede. Er dankt für die freundlichen Worte. Er redet frei, eindringlich, verschachtelt. „Schön, dass ich hier sein kann“, sagt der 62-Jährige. Ganz ohne Prediger-Ton. Er wirkt staatsmännisch, nach 30 Jahren in Landes- und Bundespolitik hat man sich das antrainiert.

Zeit für eine Anekdote: Steinmeier kenne sich im Saarland aus. Habe Freunde hier. Aber auch als Politiker habe es „Berühungspunkte und Reibungspunkte  – gerade in den 90er Jahren“ gegeben. Damals war Steinmeier die rechte Hand desjenigen, der zu jener Zeit Ministerpräsident in Niedersachsen war: Gerhard Schröder (SPD). Im Saarland regierte Oskar Lafontaine (ebenfalls SPD). Doch dann zerbrach die einst an der Cloef zelebrierte Männerfreundschaft schallend.

Um alte Fehden geht es in Steinmeiers Rede jedoch nicht. Es geht um das große Ganze. Um „Demokratie“. Seine Schlüsselaufgabe als Präsident, wird er später auch den Redakteuren der Saarbrücker Zeitung sagen. Und an anderen Orten. Die meisten Menschen im Land würden doch „fühlen, dass sich etwas ändert. Dass manche Selbstverständlichkeiten, manche Gewissheiten verloren gehen“. Neue „Formationen“ würden sich breitmachen. Die Sprache sei „härter, unerbittlicher und unversöhnlicher“ geworden. Häufg fehle es an Kompromissbereitsschaft. „Das sind Anzeichen dafür, dass wir allen Anlass haben, um uns um die Demokratie zu kümmern“, sagt er. Dabei will er „denjenigen Mut machen, die sich für unsere Demokratie engagieren“.

Ministerpräsident Hans betont, dass das gerade im Saarland der Fall sei, dem „Musterland der Demokratie in Deutschland“. Untersuchungen bescheinigten der Region, dass es bei freiwilligem Engagement und sozialem Zusammenhalt Spitzenwerte einnehme.

Vorhang auf: Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender im Landtag.

Vorhang auf: Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender im Landtag.

Foto: dpa/Arne Dedert

Das bekommt auch Steinmeier an den zwei Tagen in Saarbrücken zu spüren. Ganz persönlich. Bei Gesprächen mit den Menschen in der Stadt. Den Polizisten vor Ort. Und schließlich beim Empfang der Volkshochschulen am Abend. Eben direkt bei den Bürgern. Im Zentrum der Demokratie.

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