Der Blick geht nach vorn - und zurück

Was immer in diesen aufregenden Tagen zwischen CDU und SPD passiert - die Arbeit im Landtag geht einfach weiter. Auch wenn die Tagesordnung gerade nicht so gut zu den bevorstehenden Gesprächen über eine große Koalition passen will

Wohin wird er seine SPD in den kommenden Wochen führen? Partei-Chef Heiko Maas. Foto: Becker & Bedel

Wohin wird er seine SPD in den kommenden Wochen führen? Partei-Chef Heiko Maas. Foto: Becker & Bedel

Was immer in diesen aufregenden Tagen zwischen CDU und SPD passiert - die Arbeit im Landtag geht einfach weiter. Auch wenn die Tagesordnung gerade nicht so gut zu den bevorstehenden Gesprächen über eine große Koalition passen will. Zum ersten Mal tritt heute nämlich der Untersuchungsausschuss zusammen, der die Kostenexplosion beim Bau des vierten Museums-Pavillons und die Spesen-Prasserei bei der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz aufklären soll. Im Blickpunkt der Aufklärer von SPD und Linken stand - zumindest bisher - die amtierende Ministerpräsidentin und frühere Kulturministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Nach Angaben des Ausschuss-Vorsitzenden Tobias Hans (CDU) wird das Gremium heute den Kreis der Betroffenen benennen. Dazu gehören nach SZ-Informationen neben Kramp-Karrenbauer die Ex-Kulturminister Karl Rauber und Jürgen Schreier sowie das komplette Kuratorium der Stiftung. Während CDU und SPD sondieren, soll es aber noch nicht ans Eingemachte gehen.SPD-Landeschef Heiko Maas will bei der Aufklärung dessen, was seine Partei einen "handfesten Skandal" nennt, "keinerlei Abstriche" machen. Wie die SPD diese Marschroute aber durchhalten will, falls sie bald mit Kramp-Karrenbauer am Kabinettstisch sitzt, könnte eine spannende Frage werden. Falls - denn die Entscheidung über eine Koalition sei längst nicht gefallen, betonte Maas gestern. Immerhin geht es jetzt voran. Maas und Kramp-Karrenbauer trafen sich gestern Mittag zu einem Vier-Augen-Gespräch in den Räumen der CDU-Fraktion. Bis Ende des Monats soll feststehen, ob es eine große Koalition gibt. "Unaufgeregt" sei die einstündige Unterredung gewesen, berichtete Maas. "Sachlich und zielgerichtet", heißt es in der Umgebung der Regierungschefin. "Wir haben eine Gesprächsebene, die ich als sehr konstruktiv empfinde", lobt Maas. Das sei bei Peter Müller völlig anders gewesen. Er stellt aber klar: Entscheidend in der Koalitionsfrage seien die Inhalte, und da gebe es "viele Dinge, die nicht ganz unkritisch" werden: "Ich glaube nicht, dass die CDU uns den roten Teppich ausrollt."

Die SPD will mit der CDU zunächst über eine große Koalition verhandeln, hält sich Neuwahlen aber offen. Ein rechnerisch mögliches Bündnis mit Linken und Grünen ohne Neuwahlen schließt Maas aus. Einem Teil der SPD-Basis wären sofortige Neuwahlen am liebsten. In Online-Netzwerken wie Facebook oder "Wer kennt wen" flehen Parteimitglieder und Sympathisanten Maas regelrecht an, nicht mit der CDU zu verhandeln, sondern auf Neuwahlen zu setzen. Andere wie der Landesschatzmeister und Vizechef im Kreisverband Saarlouis, Jürgen Barke, sind gegen Neuwahlen: "Wir haben keine Zeit für Neuwahlen, angesichts der katastrophalen Haushaltslage des Landes", sagt er. Neuwahlen und Regierungsbildung würden ein halbes Jahr dauern. Dabei müsse jetzt eine zukunftsfähige Haushaltskonsolidierung auf den Weg gebracht werden.

Ein parteiinterner Kompromiss könnte wie folgt aussehen: Als Gegenleistung für eine schnelle große Koalition unter CDU-Führung setzt die SPD vorgezogene Landtagswahlen am Tag der Bundestagswahl 2013 (statt 2014) durch. Das würde der SPD nützen, weil sie an der Saar erfahrungsgemäß von einer hohen Wahlbeteiligung profitiert. Nach Maas' Worten ist diese Frage in der Partei noch nicht "ausdiskutiert". Als gestern bei einer Sitzung des Saarlouiser Kreisvorstandes mit der Landesspitze ein Teilnehmer diesen Vorschlag machte, rührten sich die Hände zu kräftigem Applaus. CDU-Fraktionschef Klaus Meiser hat aber bereits durchblicken lassen, dass ein solches Modell für seine Partei nicht in Frage kommt.

Der Blick in der Landespolitik geht in diesen Tagen nicht nur nach vorne. Grüne und FDP beschäftigt die Frage, warum sie aus der Regierung geflogen sind. Die Grünen vermuten, dass das FDP-Desaster nur der Anlass, nicht aber die Ursache war. Ein Grund war ihrer Meinung nach der Unmut in der CDU über den Einfluss der Grünen im Bündnis. "Das ist nicht von der Hand zu weisen", sagte Grünen-Chef Hubert Ulrich. FDP-Fraktionsvize Horst Hinschberger und Linken-Vormann Oskar Lafontaine wollen sogar wissen, dass die SPD schon seit Längerem Gespräche mit der CDU geführt hat. Dass etwas im Busch gewesen sei, habe er in einer Sitzung des Haushaltsausschusses bemerkt, sagt Hinschberger: "Der einzige Abgeordnete, der kritische Fragen gestellt hat, war ich."

saarbruecker-zeitung.de/

 Wohin wird er seine SPD in den kommenden Wochen führen? Partei-Chef Heiko Maas. Foto: Becker & Bedel

Wohin wird er seine SPD in den kommenden Wochen führen? Partei-Chef Heiko Maas. Foto: Becker & Bedel

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