Der "bewaffnete Konflikt" und die juristischen Konsequenzen

Berlin. Die Bundesregierung stuft die Lage in Afghanistan seit gestern offiziell als "nicht-internationalen bewaffneten Konflikt" ein. Zuvor war von Stabilisierungsmaßnahmen die Rede. Was wie Wortklauberei klingt, hat konkrete rechtliche Konsequenzen

Berlin. Die Bundesregierung stuft die Lage in Afghanistan seit gestern offiziell als "nicht-internationalen bewaffneten Konflikt" ein. Zuvor war von Stabilisierungsmaßnahmen die Rede. Was wie Wortklauberei klingt, hat konkrete rechtliche Konsequenzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg löste der Begriff "bewaffneter Konflikt" im Völkerrecht den Begriff "Krieg" weitgehend ab. Die neu gegründeten Vereinten Nationen wollten aber Kriege verhindern, weswegen der Begriff "Krieg" nicht mehr in die UN-Charta aufgenommen wurde. Stattdessen sprechen Völkerrechtler heute von einem "bewaffneten Konflikt". Nach dem humanitären Völkerrecht findet ein internationaler bewaffneter Konflikt zwischen zwei oder mehr Staaten statt, die dabei an bestimmte Regeln gebunden sind. Mit Blick auf Afghanistan spricht die Bundesregierung von einem "nicht-internationalen bewaffneten Konflikt". Gegner seien darin die legitime Staatsgewalt, vertreten durch die afghanische Regierung, auf der einen Seite und Aufständische auf der anderen Seite, darunter neben den radikalislamischen Taliban auch Anhänger des Terrornetzwerks Al Qaida. Rechtlich gelten in einem "bewaffneten Konflikt" andere Regeln als in Friedenszeiten. Zum einen ergibt sich daraus die Möglichkeit, Kriegsverbrechen nach den Bestimmungen des Völkerrechts zu bestrafen, in Deutschland nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB). Auf der anderen Seite kann aber Gewaltanwendung juristisch auch leichter gerechtfertigt werden. Während normalerweise Gewalt wie beispielsweise im Polizeirecht nur als äußerstes Mittel zulässig ist, etwa zur Abwehr einer konkreten Bedrohung, spielen im "bewaffneten Konflikt" die militärische Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit einer bestimmten Vorgehensweise eine größere Rolle. Gezielte Angriffe auf Aufständische, um diese zu töten, sind dann zulässig, sofern Grundsätze der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Dies könnte den für den umstrittenen Angriff auf den Tanklaster im September verantwortlichen deutschen Oberst Georg Klein entlasten. Über die Frage, ob in Afghanistan ein "bewaffneter Konflikt" vorliegt, entscheidet letztendlich die Justiz. afp

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