Der 20-Millionen-Euro-Coup

Rom · Ein Ex-Geheimdienstmann bringt 20 Millionen Euro illegal von der Schweiz nach Italien. Und das im Auftrag eines hochrangigen Vatikan-Geistlichen. Nun wurde der Monsignore festgenommen. Doch was steckt hinter dem Coup?

Es ist eine dieser Geschichten, die man aus Spionagefilmen kennt: Ein Agent fliegt in geheimer Mission Millionen-Summen in einem Privatflugzeug um die Welt. Dass der Urheber einer solchen Affäre ein Priester und Mitarbeiter des Vatikan sein könnte, überstieg bislang die Fantasien. Im katholischen Rom scheint inzwischen aber nichts mehr unmöglich. Nach dem "Vatileaks"-Skandal um gestohlene Geheimdokumente des Papstes und der von Papst Franziskus erwähnten "Homosexuellen-Lobby" sorgt nun der nächste Skandal für Wirbel. Wieder einmal ist das Institut für die religiösen Werke (IOR), die Vatikanbank, mit im Spiel.

Die italienische Polizei hat drei Männer festgenommen, darunter ein Monsignore, der als Rechnungsprüfer einen wichtigen Posten in der Güterverwaltung des Vatikan (APSA) innehatte. Die Zeitung "Il fatto quotidiano" berichtet, der 61 Jahre alte Priester hätte als "Monsignore 500" bereits früher von sich Reden gemacht, da er stets gut mit 500-Euro-Scheinen eingedeckt gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft Rom wirft ihm nun vor, er habe einen Geheimdienstoffizier dafür bezahlt, 20 Millionen Euro Bargeld aus der Schweiz mit einem Jet nach Italien auszufliegen. Das Geld soll einer mit dem Geistlichen befreundeten Reederei-Familie aus Salerno, der Heimatstadt des Priesters, gehören und sollte am Fiskus vorbeigeschleust werden. Der Vatikanmitarbeiter habe mit seinem Gehilfen, einem Börsenmakler, dem Agenten dafür 400 000 Euro bezahlt. Eine wichtige Rolle soll das Konto des Monsignore bei der Vatikanbank gespielt haben. Dem Trio wird Korruption, Betrug und Verleumdung vorgeworfen.

Die jüngsten Ermittlungen nahmen ihren Ausgang in einem anderen Fall von Finanzbetrug rund um den Vatikan. 2010 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Rom über 23 Millionen Euro wegen des Verdachts auf Geldwäsche und ermittelte gegen die damalige Führung der Vatikanbank. Das Eingreifen der Staatsanwälte in die Finanzen des Vatikan ist problematisch, weil der Vatikan als unabhängiger Staat Souveränität genießt und nicht der italienischen Rechtsprechung unterliegt. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte aber, der Vatikan sei zu einer "umfassenden Zusammenarbeit" mit der italienischen Justiz bereit.

Der festgenommene Vatikanmitarbeiter war bereits vor Tagen von seinem Amt in der päpstlichen Immobilienverwaltung suspendiert worden, da auch die Staatsanwaltschaft Salerno gegen ihn wegen Geldwäsche ermittelt. Laut italienischen Medien geht es um 560 000 Euro auf einem Konto des Geistlichen in der Vatikanbank. Erst am Montag hatte Papst Franziskus eine Untersuchungskommission eingesetzt, die die Geschäfte des IOR durchleuchten soll und beinahe staatsanwaltschaftliche Befugnisse habe. Die fünf Kommissionsmitglieder unter Leitung von Kardinal Raffaele Farina können jede Art von Dokumenten und Informationen sammeln, die Mitarbeiter der Vatikanbank dürfen die Auskunft laut Papst nicht verweigern.

In Rom wird schon länger über die Zukunft des IOR spekuliert. Im April sagte Franziskus, das Institut, in dem 5000 religiöse Einrichtungen und 30 000 Kontoinhaber ihr Vermögen lagern, sei "nur bis zu einem gewissen Grad notwendig". Auch prangert der Europarat dort mangelnde Kontrolle durch die vatikanische Finanzaufsicht und Probleme mit Identitäten der Kontoinhaber an.

Unterdessen zieht auch der Skandal um einen Prostitutionsring im römischen Klerus immer weitere Kreise. Ein früher wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilter Priester hatte mehrere Kollegen angezeigt, die sich in Rom regelmäßig mit minderjährigen männlichen Prostituierten getroffen hätten. Die Rede ist von neun Priestern, ein ehemaliger Carabiniere soll die Treffen organisiert haben. Italienische Medien kolportieren, bei einem der Beschuldigten handelte es sich um einen ranghohen Geistlichen aus dem Stab des päpstlichen Zeremonienmeisters. Gegen drei Personen wird ermittelt, angeblich ist darunter kein Priester. Die Diözese Rom wies die Vorwürfe als haltlos zurück.

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