Der 20 000-Euro-Mann

Berlin · Vor genau einem Jahr lag nach einem Disput mit Peer Steinbrück fast ein Rücktritt von SPD-Chef Gabriel in der Luft. Dann machte Gabriel vieles richtig und wurde zum uneingeschränkten Taktgeber. Nun aber gibt es wegen seines Parteichef-Salärs Irritationen.

Nebenverdienste sind in der SPD spätestens seit Peer Steinbrück eine heikle Sache. Sigmar Gabriel ruft gern zum Maßhalten auf - hat nun aber ein "Geldproblem". Zumindest wird das bei einigen in seiner Partei so gesehen. Denn anders als CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer lässt sich der Vizekanzler seine Aufgabe als SPD-Vorsitzender trotz Regierungsamt weiter bezahlen, berichtet die "Bild am Sonntag". Das sorgt für Erstaunen.

Interessant ist ein Blick auf Gabriels Bundestagsseite. Dort gibt er an, dass er nach der Vereidigung als Bundeswirtschaftsminister von Januar bis März kein zusätzliches Geld für den Nebenjob als SPD-Chef bekommen hat - seither aber einen Verdienst der Stufe 1 (1000 bis 3500 Euro), angeblich deutlich unter 2000 Euro. Vorgänger wie Franz Müntefering hatten das Amt wegen der Verdienste als Abgeordneter ehrenamtlich ausgeübt. Zusammen mit dem Ministergehalt (rund 14 000 Euro) und der Abgeordnetendiät, die für Minister auf die Hälfte reduziert ist (4126 Euro), käme Gabriel somit derzeit auf knapp 20 000 Euro im Monat. Merkel liegt ohne zusätzliche Aufwandsentschädigungen bei rund 1000 Euro mehr.

Ein Mitglied des Präsidiums, des engsten Führungszirkels, ließ ob Gabriels monatlicher Parteiboni anonym wissen: "Das trägt nicht zur Glaubwürdigkeit bei." SPD-Vize Ralf Stegner ergreift Partei für Gabriel: "Als Vizekanzler ist er maßgeblich für die prägenden Erfolge der SPD in der Bundesregierung verantwortlich", betont er. Und fügt verärgert hinzu: "Für eine öffentliche Debatte über gänzlich interne Angelegenheiten der SPD habe ich null Verständnis."

In der Partei gebe es keine festgelegte Praxis zur Bezahlung des Vorsitzenden, wenn er parallel ein Regierungsamt bekleidet, wird betont. Die Aufwandsentschädigungen unterliegen in der SPD der Überprüfung durch die Kontrollkommission, die vier Mal im Jahr tagt und alle Ausgaben des Schatzmeisters Dietmar Nietan überprüft.

Zu Oppositionszeiten bekam Gabriel laut eigenen Angaben 6800 Euro netto für die Arbeit als Parteichef, da hatte er aber auch noch kein lukratives Ministeramt. Auf seiner Internetseite wirbt er für Transparenz, allerdings stammen dort die letzten Verdienstangaben von 2011. "Für 2012 liegt mir derzeit noch kein Steuerbescheid vor", begründet dies der 54-Jährige.

Nun ist Gabriels Wert für die SPD hoch, und gemessen an der Verantwortung sind Gelddebatten bei Politikern oft viel zu polemisch. Als Anspielung auf Steinbrücks Kanzlergehaltbemerkung sagte Gabriel jüngst auf dem Katholikentag, Angela Merkel müsste mehr verdienen, wenn es nur um das Maß der Verantwortung ginge: "Sie hat sicher mehr Verantwortung als alle Dax-Vorstände zusammen."

Hochtourig treibt Gabriel Projekte wie die Ökostrom-Reform voran und versucht das brachliegende SPD-Wirtschaftsprofil zu stärken. Der Vizekanzler dirigiert die anderen fünf SPD-Minister, es gibt eine 27 Seiten lange Auflistung, was bis Ende 2014 umgesetzt werden soll. Die wichtigen Dinge der Koalition bespricht er allein mit Merkel und Seehofer. Gabriel steht in der SPD im Zenit seiner Macht - ein Geschmäckle bei Geldgeschichten kommt da zur Unzeit.

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