"Der 13. August 1961 war der schrecklichste Tag meines Lebens"

Berlin. Für Dieter Drewitz ist nichts verblasst. "Der 13. August 1961 war der schrecklichste Tag in meinem Leben", sagt der 68-jährige Berliner. Auf den damaligen Schüler stürzten Weltpolitik und persönliche Tragödie zusammen ein: der Beginn des Mauerbaus und seine Festnahme durch die DDR-Staatssicherheit. Morgens habe er an jenem 13

Berlin. Für Dieter Drewitz ist nichts verblasst. "Der 13. August 1961 war der schrecklichste Tag in meinem Leben", sagt der 68-jährige Berliner. Auf den damaligen Schüler stürzten Weltpolitik und persönliche Tragödie zusammen ein: der Beginn des Mauerbaus und seine Festnahme durch die DDR-Staatssicherheit. Morgens habe er an jenem 13. August auf einem Campingplatz an der Ostsee per Lautsprecher von "Maßnahmen zur Rettung des Friedens" gehört und sei bedrückt gewesen. Stunden später sei er das erste Mal in den Fängen der Stasi gelandet. Er habe unbedarft eine Polizeistation fotografiert und sei damit unter Spionageverdacht geraten.Als er Tage später frei- und nach Ost-Berlin zurückkam, habe er es nicht fassen können, erinnert sich der Rentner: "Ich konnte nicht mehr zu meinem Cousin nach Neukölln und unseren gemeinsamen Freunden fahren. Nix mehr zu finden, keine Lücke. Ich stand auf Bahnsteigen, konnte rübergucken, aber nicht hin. Ich hab nur noch geheult." Früher sei er fast jeden Tag in West-Berlin gewesen. "Ich bin zwischen den Welten groß geworden."

Er habe in der DDR nicht mehr leben wollen. "Immer wieder hörten wir vom sozialistischen Paradies und vom faulenden Kapitalismus. Alles gelogen. Ich hab das Gegenteil erlebt." Doch erst 1988 durfte der unangepasste Werbefachmann in den Westen ausreisen. Die Stasi hatte ihn noch mehrmals hinter Gitter gebracht. Verbittert ist Drewitz nicht. Er berichtet gerade im 50. Jahr des Mauerbaus jungen Menschen von seinen Erfahrungen, geht in Schulen oder führt durch Stasiopfer-Gedenkstätten. Auch ein Buch hat er geschrieben.

Noch wenige Wochen vor dem 13. August 1961 hatte Walter Ulbricht, der Vorsitzende des DDR-Staatsrats und SED-Chef, die Weltöffentlichkeit dreist getäuscht: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", tönte er auf einer internationalen Pressekonferenz. Doch dann lief die Geheimaktion "Rose" an. Über Nacht wurden die Westsektoren Berlins abgeriegelt, zunächst noch mit Stacheldraht und Barrikaden.

Auf einmal stand das Brandenburger Tor im Niemandsland. In der Bernauer Straße, die zum Symbol der Teilung wurde, gehörte der Bürgersteig nun zum Westen, die Häuser lagen im Osten. Viele Menschen waren fassungslos.

Rund um Berlin wuchs die Mauer auf rund 155 Kilometer Länge. Wer flüchten wollte, riskierte sein Leben - so wie an den 1400 Kilometern innerdeutscher Grenze rund um die DDR, die bereits seit 1952 unpassierbar waren. Im Laufe der Jahre wurde das Bollwerk, das die SED einen "antifaschistischen Schutzwall" nannte, immer mehr ausgebaut und perfektioniert. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen starben an der Berliner Mauer mindestens 136 Menschen durch das DDR-Grenzregime. Erst nach mehr als 28 Jahren stürzte die Mauer am 9. November 1989 ein.

Nach Einschätzung des Historikers Manfred Wilke wollte die DDR-Führung vor allem wirtschaftliche Probleme durch die Massenflucht eindämmen. Bis 1961 hatten demnach schon zweieinhalb Millionen Menschen, darunter viele gut ausgebildete Jüngere, den "Arbeiter- und Bauern-Staat" gen Westen verlassen. Ulbricht warnte Moskau, wenn die Grenze zu den West-Sektoren nicht abgeriegelt werde, könne er für die Existenz der DDR nicht mehr garantieren.

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