"Dem Papst den Respekt zu verweigern, ist schäbig"

Herr Gröhe, was erwarten Sie von der Bundestag-Rede des Papstes?Gröhe: Ich bin sehr gespannt, wie sich der Papst zu Europa äußert. Benedikt XVI. ist eine der herausragenden intellektuellen Stimmen, wenn es darum geht, das Wesen Europas jenseits von Markt und Materiellem zu beschreiben

Herr Gröhe, was erwarten Sie von der Bundestag-Rede des Papstes?Gröhe: Ich bin sehr gespannt, wie sich der Papst zu Europa äußert. Benedikt XVI. ist eine der herausragenden intellektuellen Stimmen, wenn es darum geht, das Wesen Europas jenseits von Markt und Materiellem zu beschreiben.

Haben Sie Verständnis für jene, die den Auftritt kritisieren und ihm fernbleiben werden?

Gröhe: In dieser Weise einer so bedeutenden Persönlichkeit im Bundestag den Respekt zu verweigern, finde ich beschämend, ja schäbig. Wer das damit begründet, dass Religion im öffentlichen Raum nichts zu suchen hat, der hat von der Bedeutung der Religionsfreiheit in unserem Land nichts verstanden. Und an die Adresse der Linksfraktion sage ich: Es ist skandalös, wenn diejenigen, die den Menschenfreund Papst Benedikt boykottieren, gleichzeitig den Menschenschinder Castro hofieren.

Nun hat sich die CDU ein Stück weit modernisiert, die katholische Kirche nach Auffassung vieler aber nicht. Muss ihre Partei den Papst nicht kritischer sehen?

Gröhe: Nein. Die Politik sollte sich nicht als Schiedsrichter des innerkirchlichen Dialogs aufspielen. Wir haben zugleich viele besonders engagierte Katholiken in den Reihen der Union, die an diesem Dialog teilnehmen und ihn auch prägen.

Sie finden es also akzeptabel, dass der katholische Bundespräsident Christian Wulff vom Abendmahl ausgeschlossen wird, weil er wieder geheiratet hat?

Gröhe: Zunächst: Ich verteidige das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen ganz entschieden, auch gegen politische Einmischungen. Aber ich nehme die innerkirchliche Diskussion über Wiederverheiratete mit Sympathie wahr. Und als Protestant würde ich gerne mit meiner katholischen Frau zusammen das Abendmahl feiern.

Wie können Kirche und Menschen einander wieder näher kommen?

Gröhe: Die Vorstellung, man müsste der katholischen Kirche von außen zwei oder drei Reformschritte aufnötigen, und dann ist sie den Menschen näher, empfinde ich als naiv. Ich erlebe in beiden großen Kirchen immer wieder eindrucksvolle Aufbruchsversuche, die sie den Menschen näher bringt.

War der Umgang mit dem Missbrauchsskandal auch ein solcher Aufbruch?

Gröhe: Es hat schreckliche Vorfälle gegeben. Aber die katholische Kirche arbeitet diese Vorfälle und auch eigene Fehler entschieden auf. Die dramatischen Missbrauchsfälle wurden und werden in der Öffentlichkeit für eine anti-katholische Stimmungsmache genutzt. Gegen eine solche Stimmungsmache wird die CDU die Kirche aus sehr grundsätzlicher Nähe heraus immer in Schutz nehmen.

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