Defekte Maschine Merkels Pannenflug und Fragen nach der Ursache

Köln/Berlin · Es war nicht die erste Defekt bei einer Maschine der Bundesregierung. Doch der Vorfall beim Flug der Kanzlerin zum G20-Gipfel war offenbar besonders gravierend.

Hier verlässt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Rollfeld des Flughafens in Köln den defekten Kanzler-Airbus „Konrad Adenauer“.

Hier verlässt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Rollfeld des Flughafens in Köln den defekten Kanzler-Airbus „Konrad Adenauer“.

Foto: dpa/Jörg Blank

Angela Merkel sitzt erst ein paar Minuten neben Olaf Scholz im engen Besprechungsraum ihres Regierungs-Airbus, als eine Stewardess entschlossen das Briefing stört. „Es ist wichtig“, sagt die Frau ernst und bittet die Kanzlerin mit Nachdruck heraus. Das ist ungewöhnlich, doch Merkels Vizekanzler und Finanzminister setzt das Gespräch mit den Journalisten erstmal fort – alleine. Kurz darauf wird klar: Der Airbus hat nur eine Stunde nach dem Start zum G20-Gipfel in Buenos Aires ein Problem – und mit ihm die Passagiere.

Wegen eines technischen Defekts müsse man zurückkehren nach Köln, zum Heimatstandort der Flugbereitschaft der Luftwaffe, dort stehe wohl eine Ersatzmaschine, macht Merkel deutlich. Da ist ihr Flugzeug gerade über den Niederlanden. Gut möglich, dass sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht so sehr im Kopf hatte, was die Störung für ihre eigentlich am Freitag geplanten bilateralen Treffen mit US-Präsident Donald Trump oder dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping bedeutet. Sondern eher das, was ihr der Flugkapitän gerade mitgeteilt hat. Doch dazu später.

Unruhe macht sich zu diesem Zeitpunkt unter den Fluggästen jedenfalls noch nicht breit. Eben noch hatte der Kapitän darum gebeten, doch wieder die Anschnallgurte anzulegen, man durchfliege ein Schlechtwettergebiet. Da ist es normal, dass ein Flugzeug mal etwas stärker ruckelt.

Eine halbe Stunde später aber, kurz vor der außerplanmäßigen Landung in Köln, berichtet der Flugkapitän über die Bord-Sprechanlage nüchtern, einige elektrische Systeme am Flugzeug seien ausgefallen. Den Weiterflug über den Atlantik könne man so zwar nicht fortsetzen. Es werde aber eine sichere Landung geben, versucht der Kommandant die Mitreisenden zu beruhigen. So ganz gelingt ihm das nicht. Manche an Bord werden ganz still.

Erst nach der ziemlich harten Landung auf dem Kölner Flughafen wird vielen klar, wie brenzlig die Situation gewesen sein könnte. Ein Löschzug der Flughafenfeuerwehr steht mit Blaulicht neben der stehenden Maschine, um notfalls eingreifen zu können. Die Bremsen des Flugzeugs seien zu prüfen, weil sie wegen des hohen Landegewichts – die Maschine war für einen Transatlantikflug vollgetankt worden – stark beansprucht wurden, erklärt der Kommandant.

Nach Beratungen mit Protokoll und Sicherheitsleuten entschließt sich Merkel später schließlich, nicht noch in der Nacht in eine Ersatzmaschine umzusteigen. Begründet wird das vor allem damit, dass es quasi unmöglich sei, so kurzfristig eine neue Crew aufzutreiben. Beispielsweise müssten Ruhezeiten berücksichtigt werden, erklärt Regierungssprecher Steffen Seibert. Merkel, Scholz und ihre Delegation fahren dann zur Übernachtung in einem kleinen Konvoi in ein Bonner Hotel.

Da steht der Entschluss schon fest, dass die Kanzlerin und ihr Vizekanzler am nächsten Morgen mit einer kleineren Maschine der Flugbereitschaft nach Madrid fliegen und dort in eine Linienmaschine nach Buenos Aires umsteigen werden. So gebe es die Chance, wenigstens noch rechtzeitig zu den Abendveranstaltungen in der argentinischen Hauptstadt anzukommen. Gegen 0.30 Uhr deutscher Zeit am Samstagmorgen war dort das Abendessen der Staats- und Regierungschefs geplant – ein Termin, den Merkel auf keinen Fall verpassen will.

Mitten in der Nacht, als Merkel mit ihrem Ehemann Joachim Sauer und Scholz im fast menschenleeren Restaurant beim sehr verspäteten Abendessen sitzt, sorgen dann beunruhigende Informationen über die Panne des Regierungs-Airbus für Unruhe. Zwar hat es in der jüngsten Vergangenheit schon mehrfach Pannen bei Regierungsfliegern gegeben – aber dieser Zwischenfall scheint dann doch ernster gewesen zu sein.

Der „Spiegel“ berichtet, das komplette System für die Kommunikation mit dem Boden sei ausgefallen. Ein solcher Komplettausfall der Kommunikationsanlage, die durch mehrere Ersatzsysteme abgesichert sei, gelte als gefährlicher Notfall. Nur mit dem Satellitentelefon an Bord sei es der Crew gelungen, Kontakt zur Flugleitstelle aufzunehmen und die Landung auf dem Flughafen in Köln-Bonn zu planen.

Auch nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen weite Teile des für den Flugbetrieb wichtigen Elektroniksystems ausgefallen sein. Zeitweise habe sogar infrage gestanden, ob überhaupt eine geordnete Landung möglich wäre. Ein Anflug auf die näher liegenden Flughäfen Amsterdam oder London sei wegen der technischen Defekte nicht möglich gewesen.

Um ein  Uhr nachts äußert sich die sonst so nüchtern wirkende Kanzlerin noch ziemlich emotional. „Es war eine ernsthafte Störung“, sagt Merkel. Und dann findet sie außergewöhnliche Worte für die Mannschaft des Flugzeugs und vor allem für den Piloten: Sie habe „eine sehr, sehr exzellente Crew gehabt“ – und das Kommando habe „der erfahrenste Kapitän der Flugbereitschaft“ geführt. Das klingt mehr als nur ein bisschen erleichtert.

Nicht nur die Kanzlerin dürfte gespannt sein, was die Untersuchung des Vorfalls durch die Flugbereitschaft und das Verteidigungsministerium ergibt.

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