De Maizière stellt Sicherheit auf Prüfstand

Berlin · Es liest sich wie ein Regierungsprogramm zu Sicherheitspolitik: Der Innenminister will Deutschland mit einem Rundumschlag krisenfester machen – auch gegen islamistische Anschläge.

Nach dem Lkw-Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin steht die Sicherheitsstruktur in Deutschland auf dem Prüfstand. Innenminister Thomas de Maizière (CDU ) hat nun "Leitlinien für einen starken Staat in schwierigen Ze iten" vorgelegt. Er plädiert für eine Neuordnung, die teils tief in die föderale Struktur der Bundesrepublik eingreifen könnte. Die dpa beantwortet wichtige Fragen:

Wo gibt es Defizite bei den Sicherheitsbehörden ?

Der mutmaßliche Attentäter Anis Amri war den Sicherheits- und Ausländerbehörden in Deutschland und Italien lange bekannt, er wurde monatelang vom Geheimdienst überwacht. Letztlich ist Amri wohl aus dem Visier der Behörden verschwunden - klar ist das aber auch noch nicht. Polizeiarbeit ist in Deutschland Zuständigkeit der Länder - was ein koordiniertes Vorgehen nicht immer einfach macht.

Was will de Maizière?

Der Minister will die bisher zwischen Bund, Ländern und zum Teil auch Kommunen zersplitterten Zuständigkeiten etwa beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus oder nationale Katastrophen bündeln: Starker Bund: "Wo Bund und Länder in Angelegenheiten der Sicherheit des Bundes zusammenarbeiten, braucht der Bund eine Steuerungskompetenz über alle Sicherheitsbehörden ", schreibt der Minister in seinem Konzept. De Maizière will darüber diskutieren, dessen Aufgaben komplett in Bundeshand zu legen. Im Klartext: Die Landesämter könnten aufgelöst werden. Aus der SPD , aber auch aus der Union kam dazu gestern ein striktes Nein. Bundespolizei : Der Minister will die Bundespolizei wirksamer als bisher bei der Fahndung einsetzen. Ihre Einsatzbegrenzung auf einen 30-Kilometer-Gürtel an der Grenze soll fallen. Neben den Länderpolizeien soll die Bundespolizei eine "zentrale Verfolgungs- und Ermittlungszuständigkeit" bei unerlaubten Aufenthalten bekommen. Außerdem soll sie sich stärker bei der Sicherung der EU-Außengrenzen engagieren.

Katastrophen: De Maizière sieht keine Institution, die rechtlich in der Lage wäre, die Einsatzkräfte der Länder bei einer übergreifenden Katastrophe oder im Krisenfall zu koordinieren. Falls die Polizei an Kapazitätsgrenzen komme, solle die Bundeswehr beim bewaffneten Objektschutz eingesetzt werden können. Dies wäre dann etwa auch bei einem großen Terrorangriff denkbar. Asylverfahren : Ein gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückführung und Rückkehr von Ausreisepflichtigen etwa nach abgelehnten Asylverfahren soll die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern verbessern. Von den Ländern fordert de Maizière ausreichend Plätze für Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam. Der Bund soll für den Vollzug bei Rückführungen mit zuständig werden. Flüchtlinge: De Maizière will einen "Massenzustrom-Mechanismus", der "Europa krisenfest macht, wo, wie und wann auch immer eine Migrationskrise entsteht". Er will so im Einklang mit Genfer Flüchtlingskonvention und Europäischer Menschenrechtskonvention die Asylverfahren straffen.

Kann de Maizière seine Vorschläge so einfach umsetzen?

Nein. Eine Abschaffung etwa der Landesämter für Verfassungsschutz wäre nur im Einvernehmen mit den Ländern möglich, das weiß auch der Minister . Bei fast allen Punkten dürfte eine Zustimmung des Bundesrats nötig sein, weil Länderbelange betroffen wären. Angesichts der Kräfteverteilung in der Länderkammer ist eine Mehrheit für de Maizières Pläne ziemlich unwahrscheinlich.

Was sagt die SPD ?

Die SPD zeigt sich bei Punkten wie der Videoüberwachung oder einer härteren Abschiebepraxis bei abgelehnten Asylbewerbern zwar gesprächsbereit. SPD-Chef Sigmar Gabriel will allerdings mit einem eigenen Konzept punkten.

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