Front-National-Gründer wird 90 Das zerrissene Erbe von Jean-Marie Le Pen

Paris · Der Front-National-Gründer wird heute 90 Jahre alt. Seine Tochter und seine Enkelin geben seine nationalistischen Ideen weiter – jede auf ihre Art.

 Die ehemalige Galionsfigur der französischen Rechten, Jean-Marie Le Pen, feiert heute seinen 90. Geburtstag.

Die ehemalige Galionsfigur der französischen Rechten, Jean-Marie Le Pen, feiert heute seinen 90. Geburtstag.

Foto: Kamil Zihnioglu/AP/dpa/Kamil Zihnioglu

Die Tatsache, dass Marine Le Pen ihren Vater im Krankenhaus besuchte, war den französischen Medien am Wochenende durchaus eine Nachricht wert. Denn seit dem Bruch zwischen Jean-Marie Le Pen und seiner jüngsten Tochter wird jede Geste zwischen den beiden genau beobachtet. Ebenso wie das Verhältnis der Parteichefin zu ihrer Nichte Marion. Die beiden Frauen sind die politischen Erbinnen des Gründers des Front National (FN), der heute 90 Jahre alt wird. Marine Le Pen als Chefin der Partei, die sich jetzt in Abkehr vom Patriarchen in Rassemblement National (Nationaler Zusammenschluss) umbenannte. Und Marion Maréchal als Nachwuchsstar, die mit einer neuen Politik-Hochschule Frankreichs Ultrarechte um sich scharen will. Zwei unterschiedliche Ansätze und ein Ziel: die Macht.

Marine Le Pen musste im vergangenen Jahr allerdings erleben, dass sie dabei an eine gläserne Decke stößt. Die Juristin kam in der Stichwahl um das Präsidentenamt auf 33 Prozent und schaffte damit für die rechte Partei, die damals noch Front National hieß, das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Dennoch blieb die Juristin hinter ihren eigenen Erwartungen zurück. Vor allem weil Emmanuel Macron die Parteichefin in der Fernsehdebatte regelrecht vorführte. Noch immer scheint sich die 49-Jährige, die in ihren Auftritten müde wirkt, nicht von der Schmach erholt zu haben. „Marine Le Pen war der größte Trumpf des FN, und einige fragen sich, ob sie nicht das größte Problem geworden ist“, analysiert der Politologe Sylvain Crépon im Magazin „Le Point“. Die 49-Jährige scheint selbst an sich zu zweifeln: „Wenn die Anhänger des Front National finden, dass jemand anderer besser platziert ist als ich, dann habe ich damit kein Problem.“

Dieser Jemand könnte ihre Nichte Marion sein. Die 28-Jährige, die sich im vergangenen Jahr offiziell aus der Politik zurückzog, bereitet hinter den Kulissen eine Allianz der rechten Kräfte vor. Am Freitag will sie in Lyon eine Politik-Hochschule einweihen, die rechtspopulistische und ultrakonservative Kräfte unter einem Dach vereinen soll. „Eine Art Fascho-Business-School“, wie die Zeitung „Libération“ schreibt. Die frühere Abgeordnete hatte bereits dem Chef der konservativen Republikaner, Laurent Wauquiez, die Hand ausgestreckt. Bisher widersteht dieser jedoch dem Angebot und versucht mit seinem strammen Rechtskurs, dem FN Wähler abzujagen.

Le Pens Enkelin sucht auch im Ausland nach Verbündeten. So hielt sie im Februar in den USA eine Rede, direkt nach US-Vizepräsident Mike Pence. Für ihre Ambitionen sagte sich die junge Frau, die vor allem in Fragen der Einwanderung noch radikaler ist als ihre Tante, von der Familie los. Sie verzichtete auf das Le Pen im Nachnamen und nennt sich nur noch Marion Maréchal. Damit will die ehemalige Abgeordnete sich wohl auch von den Affären abgrenzen, die den Namen Le Pen begleiten. Zuletzt machte ihre Tante Marine mit der Scheinbeschäftigung von Assistenten im Europaparlament von sich reden. Ein EU-Gericht entschied, dass sie deshalb knapp 300 000 Euro an das Europaparlament zurückzahlen muss.

„Die Le Pens wenden sich von Jean-Marie Le Pen ab. Als ob sie sich bewusst würden, dass er die verfluchte Seite in ihnen selbst verkörpert“, schreibt das Magazin „Express“. Marion Maréchal vollzieht die späte Trennung von ihrem antisemitischen und rassistischen Großvater mit Kalkül. Sie will ohne die Last des Namens eine politische Karriere beginnen, die sie ganz nach oben bringen soll.

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