Das Küken wird langsam flügge

Berlin. Kristina Schröder ist das Küken im Kabinett und wird manchmal intern auch so behandelt. In der letzten Woche, ziemlich genau ein Dreivierteljahr nach ihrem Amtsantritt als Familienministerin, versuchte die 33-jährige CDU-Politikerin zwei Mal in die Offensive zu kommen. Und musste erleben, dass das so einfach nicht ist

 Kristina Schröder will sich nicht unterbuttern lassen. Foto: dpa

Kristina Schröder will sich nicht unterbuttern lassen. Foto: dpa

Berlin. Kristina Schröder ist das Küken im Kabinett und wird manchmal intern auch so behandelt. In der letzten Woche, ziemlich genau ein Dreivierteljahr nach ihrem Amtsantritt als Familienministerin, versuchte die 33-jährige CDU-Politikerin zwei Mal in die Offensive zu kommen. Und musste erleben, dass das so einfach nicht ist.Kristina Schröder twittert, ist bei Facebook präsent und hört neue Musik. Doch die Ministerin ist trotz ihrer Jugend eine ausgebuffte Politikerin mit einer 16-jährigen Parteikarriere, Bundestagsmandat seit 2002, einem Doktortitel, der mit einer Arbeit über die CDU erworben wurde, und einem Ehemann, der Staatssekretär im Innenministerium ist, Ole Schröder. Sie ist keine Quereinsteigerin, was sie wohl davor bewahrte, in den Anfangsmonaten Fehler zu machen. Keine freien Interviews, nur schriftliche Fragen, keine Talkshows, nur vorbereitete Reden. Schröder wartete lange, bis sie sich vorwagte. Im Mai war das, als ihr hessischer CDU-Übervater Roland Koch den Kita-Ausbau in Frage stellte und sie sich wehrte. Überväter kann Schröder nicht leiden, erst recht aber nicht Übermütter. Geradezu pampig reagiert die Ministerin, wenn sie nach den "Fußstapfen" gefragt wird, in die sie als Nachfolgerin Ursula von der Leyens getreten sei. "Ich habe nicht vor, in Fußstapfen zu treten, sondern neue Wege zu finden", lautet ihre Antwort dann. Vorletzten Sonntag sah sie eine Gelegenheit, sich zu emanzipieren. In einem wohl vorbereiteten Interview äußerte sie Bedenken gegen von der Leyens Idee einer Bildungs-Chipkarte für Hartz-IV-Jugendliche. Sie sehe da Probleme mit dem Datenschutz und fürchte, dass "Bewegungsprofile" erstellt werden könnten. Das zielte auf von der Leyens Ruf als "Zensursula". Von der Leyen keilte sofort zurück. Es gebe über die Chipkarten offenbar noch viele Missverständnisse, erklärte sie gönnerhaft. "Ich habe inzwischen mit der Kollegin gesprochen." Ihre bisher wichtigste Reform ist die gesetzliche Verankerung einer Pflegeteilzeit. Zwei Jahre halbtags zu Hause bleiben und einen Angehörigen pflegen, aber weiter 75 Prozent des Gehalts bekommen, anschließend zwei Jahre voll arbeiten bei ebenfalls nur 75 Prozent des Gehalts, so lautet das einfache Modell. Doch es wurde von der Wirtschaft und wirtschaftsnahen Koalitionsabgeordneten zunächst zerredet. Schröder verhandelte mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau und schaltete einen Experten der Versicherungswirtschaft ein.Jetzt hat sie ein Konzept, das alle Einwände aufnimmt. Doch nun kommt plötzlich die FDP und will, dass es die Pflegeteilzeit nur als freiwilliges Angebot der Arbeitgeber geben soll. Ähnlich schwierig scheint sich ihre jüngste Idee eines freiwilligen Sozialdienstes zu entwickeln. Die Länder protestieren dagegen, und mit FDP-Generalsekretär Christian Lindner kritisiert sogar jemand aus der Koalitionsspitze den Vorstoß: "Wir brauchen nicht so eine Art Schattenzivildienst." Es ist nicht leicht als Küken im Kabinett, aber Schröder will sich nicht mehr so einfach unterbuttern lassen.

 Kristina Schröder will sich nicht unterbuttern lassen. Foto: dpa

Kristina Schröder will sich nicht unterbuttern lassen. Foto: dpa

Am RandeDie Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll nach Ansicht der Mehrheit der Deutschen auch in Zukunft Kernaufgabe der Familienpolitik sein. Für 78 Prozent der Bevölkerung ist die Familie der wichtigste Lebensbereich, wie aus der Allensbach-Umfrage "Monitor Familienleben 2010" hervorgeht. 69 Prozent der Bevölkerung und 78 Prozent der Eltern wünschen sich, dass die Politik den Schwerpunkt auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf legt. "Dafür brauchen wir flexiblere Arbeitszeiten und eine Unternehmenskultur, die nach der Qualität geleisteter Arbeit und nicht nach der Präsenz der Mitarbeiter fragt", forderte Familienministerin Kristina Schröder. Im Oktober werde deshalb die Initiative "Flexible Arbeitszeiten" starten. dpa

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