Das Kreuz mit der Krone - Königshäuser im Sparzwang

Brüssel. Nach Krise sieht es auf den ersten Blick im königlichen Palast von Brüssel nicht recht aus. Der Empiresaal schimmert in Gold und Mahagoni, der Thronsaal strahlt im Licht unzähliger Kronleuchter

Brüssel. Nach Krise sieht es auf den ersten Blick im königlichen Palast von Brüssel nicht recht aus. Der Empiresaal schimmert in Gold und Mahagoni, der Thronsaal strahlt im Licht unzähliger Kronleuchter. Eine etwas eigenwillige Überraschung gibt es für die Gäste der Königsfamilie im Spiegelsaal: Die von dem Künstler Jan Fabre gestaltete Decke ist über und über mit grün schillernden Flügeln von Skarabäus-Käfern beklebt, 1,4 Millionen Stück sind es.

Und doch verschont die Wirtschaftskrise auch die belgische Monarchie nicht. Denn die königlichen Gemäuer sind morsch, die öffentlichen Kassen klamm. Für die Palastrenovierung sind Millionen nötig. Obwohl das Schloss dem Staat und nicht der königlichen Familie gehört, machte König Albert II. kürzlich einen öffentlichkeitswirksamen Vorschlag: 600 000 Euro will er aus seinem persönlichen Budget zuschießen.

Das belgische Königshaus steht in Zeiten der Wirtschaftskrise verstärkt unter Rechtfertigungsdruck - wie viele andere Adelshäuser in Europa. Großen Ärger gibt es derzeit um die 4,6 Millionen Euro teure Jacht, die Albert im vergangenen Jahr still und leise erstanden hatte. Die murrenden Belgier können sich aber damit trösten, dass das Budget des Königshauses nach jahrelangen Debatten wohl bald reformiert wird. Die Regierung will die Zuwendungen - allein rund 13 Millionen Euro jährlich für das Königspaar - kürzen. Eine Reihe Prinzen und Prinzessinnen soll künftig keine Leibrente mehr bekommen.

Auf der anderen Seite der Nordsee, in Großbritannien, hat die Krise die Königsfamilie ebenfalls erreicht. Die britische Krone besitzt ein gewaltiges Vermögen in Form von Immobilien - die massiv an Wert verloren haben. Innerhalb eines Jahres sank der Gesamtwert von 7,3 auf sechs Milliarden Pfund, wie die "Süddeutsche Zeitung" erfuhr. Die Queen kann sich nur damit beruhigen, dass die Verluste zunächst einmal nur auf dem Papier bestehen und sich die Märkte mittelfristig wieder erholen könnten.

Derweil betreibt das Königshaus Öffentlichkeitsarbeit, um die unzufriedenen Briten zu beschwichtigen. Denn immerhin erhält die Königsfamilie jedes Jahr mehr als 30 Millionen Pfund (34 Millionen Euro) öffentlicher Gelder. "Die Familie hat schon vor der Krise sparsam gelebt", versichert ein Sprecher des Buckingham Palace. So trage die Queen nicht immer neue Kleider, wenn sie Ereignissen beiwohne. Seit diesem Sommer hat der Palast auch einen eigenen Gemüsegarten, in dem Zwiebeln, Bohnen und Karotten wachsen. Prinz William hat angekündigt, nach Möglichkeit Economy Class zu fliegen.

Auch das spanische Königshaus bemüht sich, in Zeiten der Krise Zeichen zu setzen. König Juan Carlos und Königin Sofia kürzten ihren Mallorca-Urlaub um zwei Wochen. Juan Carlos versprach seinen Untertanen, seltener als üblich mit seiner Luxusjacht in See zu stechen. Eine Tankfüllung kostet 26 000 Euro. Derweil lässt Königin Sofia den Palastgarten mit Regenwasser gießen und verzehrt Zitronen aus eigenem Anbau.

Gelassenheit dagegen bei den Skandinaviern. "Kein Kommentar", sagt ein Sprecher des norwegischen Hofes schlicht, als es um dortige Sparmaßnahmen geht. "Ich bin sicher, dass sie sparen, aber Budget-Kürzungen gibt es keine", berichtet eine Vertreterin des dänischen Hofes. Eine Sprecherin der schwedischen Königsfamilie sagt: "Hier gibt es keine größeren Diskussionen. Die Monarchie kostet jeden Bürger weniger als einen Euro pro Jahr."

Der Hamburger Adels-Experte Rolf Seelmann-Eggebert ist der Ansicht, dass die europäischen Königshäuser in der Wirtschaftskrise alles in allem glimpflich davonkommen. Zwar sei im Moment niemand vor Aktien- und anderen Verlusten gefeit. Doch die Königsfamilien hätten "den einen Vorteil, dass sie alle ihre ganz besonderen Banken haben". Häufig handele es sich um Privatbanken, die angewiesen seien, Gelder sehr konservativ anzulegen, anstatt auf Schnäppchenjagd zu gehen.

Die Monarchen hätten in der Regel "eine Menge Sachverstand um sich geschart", so der Experte. Sichtbare Auswirkungen habe die Krise dagegen vor allem dort, wo die Krone auf den Steuerzahler treffe. So könne die Queen derzeit nicht damit rechnen, dass der Staat den Buckingham Palace renoviere, obwohl er eigentlich dafür zuständig sei. "Der Palast", berichtet Seelmann-Eggebert, "sieht innen, das sagen viele, an einigen Stellen schon ganz schön ramponiert aus."

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