"Das ist ein Attentat, das aus dem Nichts kommt"

Frankfurt. Seine Spuren hat Arid U. nicht nur am Tatort hinterlassen. Auch im Internet stoßen die Ermittler kurz nach den tödlichen Schüssen auf den 21-Jährigen. Als "Abu Reyyan" soll er per Facebook den islamistischen Gotteskrieger gegeben haben, bevor er am Mittwoch am Frankfurter Flughafen die Waffe zückte und zwei US-Soldaten erschoss

Frankfurt. Seine Spuren hat Arid U. nicht nur am Tatort hinterlassen. Auch im Internet stoßen die Ermittler kurz nach den tödlichen Schüssen auf den 21-Jährigen. Als "Abu Reyyan" soll er per Facebook den islamistischen Gotteskrieger gegeben haben, bevor er am Mittwoch am Frankfurter Flughafen die Waffe zückte und zwei US-Soldaten erschoss.Ausgerüstet mit einer belgischen Pistole vom Typ "Fabrique National" und einer großen Menge Munition, wartete der junge, in Frankfurt aufgewachsene Kosovo-Albaner am Terminal 2 auf seine Opfer, eine Gruppe von US-Militärpolizisten, die nach Ramstein gebracht werden sollten. Schon in den ersten Vernehmungen gibt der junge Mann zu: Er wollte US-Soldaten töten.

Viele Fragen sind auch nach dem Geständnis des 21-Jährigen noch offen: War Arid U. ein Einzeltäter, der auf eigene Faust handelte? Die Polizei hat bislang keine Hinweise auf eine Terrorzelle, sagt Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU).

Wegen des islamistischen terroristischen Hintergrunds hat auch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen an sich gezogen. Gestern Abend wurde Haftbefehl erlassen. Rhein sagte, Uka habe sich möglicherweise binnen weniger Wochen im Internet radikalisiert. Vor allem im Netz ließ sich Arid unter seinem Namen "Abu Reyyan" über die "Ungläubigen" aus.

Sein Motiv war offenbar Hass auf US-Soldaten. Nach einem Lageberichts des Landeskriminalamts (LKA) Hessen, der dem ARD-Magazin "Panorama" vorliegt, gab er in einer Vernehmung an, er sei im Internet auf ein Video gestoßen, das zeige, wie US-Soldaten ein Haus in Afghanistan plünderten und ein Mädchen vergewaltigten. Danach habe er "die ganze Nacht nicht schlafen können". Zudem will er beobachtet haben, wie US-Soldaten sich am Frankfurter Flughafen verächtlich über die Afghanen äußerten. Das seien Impulse "für ihn gewesen, insbesondere nach Afghanistan ausreisende US-Soldaten zu töten". Den Sicherheitsbehörden war der Mann nicht als potenziell gefährlicher Islamist bekannt.

Kontakt zu Hassprediger

Eine zentrale Rolle in der Entwicklung zum Islamisten spielt wohl ein marokkanischer Hass-prediger, der schon aus mehreren Frankfurter Moscheen wegen seiner radikalen Thesen herausgeflogen war. Mit diesem Sheik Abdellatif war Arid U. per Netzwerk "befreundet".

Ob der Attentäter den Behörden früher hätte auffallen müssen, bleibt die Frage. Der hessische Verfassungsschutzpräsident Roland Desch will noch nicht von einem "home-grown", in Deutschland aufgewachsenen, Terroristen sprechen. Er sei aber möglicherweise ein Beleg dafür, wie sich auch einzelne Menschen so schnell radikalisieren könnten, dass sie dann einen Anschlag verüben. "Das ist ein Attentat, das aus dem Nichts kommt", erklärte Innenminister Rhein. Er prüft ein schärferes Vorgehen gegen den Frankfurter Prediger und dessen Verein und Internetpräsenzen. Als Mitarbeiter des internationalen Postzentrums kannte sich Arid U. am Flughafen gut aus und hat womöglich die Routine-Transporte der US-Luftwaffe zur Ramstein-Basis schon zuvor beobachtet. Nur eine Ladehemmung der Pistole und das schnelle Zugreifen von Bundespolizisten im Terminal 2 des größten deutschen Flughafens haben ein möglicherweise noch schlimmeres Blutbad verhindert. dpa

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