Das Geld der Autofahrer locktWie andere Länder in Europa Autofahrer zur Kasse bitten

In welchen europäischen Ländern gibt es eine Pkw-Maut?Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Irland, Kroatien, Mazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, die Schweiz, Serbien, die Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn

In welchen europäischen Ländern gibt es eine Pkw-Maut?Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Irland, Kroatien, Mazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, die Schweiz, Serbien, die Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn.

Welche Verfahren, die Gebühr zu erheben, gibt es?

In einigen Staaten wie Frankreich und Italien müssen Reisende für die gefahrene Strecke bezahlen. Die Tickets werden meist beim Einfahren gezogen und beim Ausfahren bezahlt. In anderen Ländern werden die Gebühren unabhängig von der Entfernung über Vignetten abgerechnet. Sie gelten meist für eine Woche, einen Monat oder ein Jahr. Die Vignette gilt je nach Land für alle Autobahnen oder für bestimmte Schnellstraßen. Auch in Städten, für Brücken oder Tunnel wird mancherorts Maut erhoben.

Wo gibt es eine Vignettenpflicht?

Dazu zählen Bulgarien, Österreich, Rumänien, die Schweiz, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Die Kosten für ein Jahr liegen für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen zwischen 28 Euro in Rumänien und 148 Euro in Ungarn. In der Schweiz sind es 31,50 Euro pro Jahr, in Österreich 76,50 Euro.

Gibt es Länder, die nur auf einzelnen Strecken Maut erheben?

Ja. In Großbritannien ist zum Beispiel die Autobahn nördlich von Birmingham gebührenpflichtig. Auch für die Fahrt über einige Brücken und durch mehrere Tunnel müssen Autofahrer bezahlen. Schweden erhebt eine Tunnel- und Brücken-Maut für den Öresund zwischen Kopenhagen (Dänemark) und Malmö (Schweden).Berlin. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) weilte gestern in Indien, um sich dort über den Ausbau der Infrastruktur zu informieren. Indiens Pläne seien "beeindruckend", ließ der Minister wissen. Für ein angeblich konkretes Vorhaben aus seinem Ressort gilt das aber nicht: "Es wird keine Maut geben", wehrte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans gestern für die Bundeskanzlerin ab. Und auch Ramsauers Ministerium war bemüht, den Eindruck zu widerlegen, es gebe bereits ein fertiges Konzept zur Einführung einer Pkw-Maut, wie die "Bild"-Zeitung berichtet hatte. Freilich kursiert ein entsprechendes Papier - nun wird auf Regierungsseite so getan, als ob man es nicht kenne.

Die Berechnungen von Fachleuten aus dem Verkehrsministerium gehen in der extremen Variante davon aus, dass die Autofahrer jährlich 365 Euro Pkw-Maut zahlen und die Kfz-Steuer im Gegenzug abgeschafft wird. Außerdem gibt es Versionen mit elektronischen Vignetten zum Preis von 80, 100 und 155 Euro. Auch Vignetten für zwei Monate und zehn Tage werden vorgeschlagen. Motorradfahrer sollen ebenso Maut zahlen. Mit Mehreinnahmen zwischen drei und elf Milliarden Euro rechnen die Experten. Geld, das Ramsauer gut brauchen könnte.

Man könne nicht sagen, wer das Papier verfasst und ob es bereits die Leitungsebene des Hauses erreicht habe, kommentierte gestern eine Sprecherin des Ministers. Bei 1200 Mitarbeitern gebe es viele Überlegungen "auf Arbeitsebene", die nicht weiterverfolgt würden. Die Pkw-Maut stehe zudem nicht im Koalitionsvertrag von Union und FDP, deshalb "wird es sie in dieser Legislaturperiode auch nicht geben". Doch klar ist auch: "Denkverbote", so Ramsauers Lieblingswort mit Blick auf die Gebühr, gibt es nicht.

Und man muss wissen, dass in den Schubladen des Ministeriums zahlreiche Pläne für eine Maut schlummern: Schon Matthias Wissmann (CDU), Verkehrsminister von 1993 bis 1998, soll seinerzeit ein fertiges Konzept gehabt haben. Vorschläge zur Einführung hatte im Jahr 2000 auch der damalige Verkehrsminister Franz Müntefering (SPD) erarbeiten lassen. Außerdem geht das Unternehmen "Toll Collect" im Ministerium ein und aus. Es ist für die Abwicklung der Lkw-Maut zuständig. Da liegt die Vermutung nahe, dass Ausarbeitungen über die Machbarkeit und Kosten einer Pkw-Maut bereits vorliegen.

Viel wichtiger ist allerdings, dass vor allem Ramsauers CSU eine klare Befürworterin der Maut ist. Der bayerische Innenminister Joachim Hermann hat sich noch einmal für eine Autobahnnutzungsgebühr von 100 Euro jährlich stark gemacht, was etwa drei Milliarden Euro im Jahr in die Staatskasse bringen könnte. Schaut man auf Ramsauers Etat, wird schnell deutlich: Allein für den Straßenerhalt fehlen drei Milliarden Euro. Außerdem wartet eine lange, milliardenschwere Liste mit Neubauvorhaben auf Realisierung. Ramsauer benötigt dringend mehr Mittel, die ihm Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aber nicht genehmigt. Im Ministerium wurde daher extra ein Arbeitskreis "Verkehrsinfrastruktur-Finanzierung" gegründet, der auch neue Einnahmemöglichkeiten im Visier hat.

Das alles lässt den Rückschluss zu, dass es tatsächlich nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Pkw-Maut hierzulande eingeführt wird. Davon gehen auch Verkehrspolitiker aller Bundestagsfraktionen aus. Zumal deutsche Autofahrer in den meisten anderen Staaten Europas zur Kasse gebeten werden. Zuletzt hatte Belgien beschlossen, 2013 die Maut einzuführen. Das wäre auch ein Jahr, in dem in Deutschland eine solche Entscheidung fallen könnte - aber erst nach der dann stattfindenden Bundestagswahl. "Es wird keine Maut geben."

Regierungs-

sprecher Christoph Steegmans

Ein Eiertanz

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Eigentlich gibt es keinen plausiblen Grund, warum Verkehrsminister Ramsauer wieder einen solchen Eiertanz um die Pkw-Maut vollführt: Experten raten schon seit Jahren dazu, eine nutzungsabhängige Gebühr einzuführen und im Gegenzug die Kfz-Steuer deutlich zu senken. Aus zwei zentralen Gründen: Die Blechlawine wächst und wächst, der finanzielle Bedarf für Erhalt und Ausbau der Straßen und Autobahnen steigt damit an. Und Deutschland ist Transitland: Während die deutschen Autofahrer in den meisten anderen europäischen Ländern eine Maut berappen müssen, genießen ausländische Gäste hierzulande freie Fahrt, ohne an den Kosten für Sanierung und Unterhalt der Strecken beteiligt zu werden. Das ergibt keinen Sinn.

Der Minister täte gut daran, endlich deutlich zu sagen, wohin die Reise mit ihm bei der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur gehen soll. Dass dringend Handlungsbedarf besteht, sieht jeder - allein an den vielen nicht beseitigten Schlaglöchern auf den Straßen.

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