Fachkräftemangel Warum Deutschland Arbeitnehmer aus dem Ausland locken will

Berlin · Seit einem Vierteljahrhundert streiten die Parteien da­rüber, ob Deutschland ein Einwanderungsgesetz braucht. Jetzt will die Groko Fakten schaffen und den Arbeitsmarkt für qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland stärker öffnen.

 In vielen Unternehmen fehlen passende Fachkräfte, um Lücken zu schließen (Symbolbild).

In vielen Unternehmen fehlen passende Fachkräfte, um Lücken zu schließen (Symbolbild).

Foto: dpa/Stephanie Pilick

Hintergrund ist der Fachkräftemangel. Wie es darum steht:

Wie viele Fachkräfte fehlen derzeit in Deutschland?

Laut Deutschem Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fehlen den Unternehmen 1,6 Millionen Arbeitskräfte. Fast jedes zweite Unternehmen gab im DIHK-Arbeitsmarktreport 2018 an, offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können. Stellen für Fachkräfte bleiben heute länger unbesetzt als noch vor zwei Jahren, laut Bundesagentur für Arbeit sind es aktuell im Schnitt 107 Tage. Im vergangenen Jahr waren es 103.

Warum herrscht Fachkräftemangel?

Die deutsche Wirtschaft wächst seit Jahren, die Arbeitslosigkeit ist gesunken. In manchen Regionen vor allem im Süden herrscht Vollbeschäftigung. Das heißt aber auch: Viele Firmen haben zunehmend Schwierigkeiten, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Dazu kommt der demografische Wandel. Für fast 60 Prozent der Unternehmen ist das Hauptmotiv für die Suche nach Fachkräften das altersbedingte Ausscheiden von Mitarbeitern. Jährlich scheiden laut DIHK-Report rund 300 000 Beschäftigte mehr aus Betrieben aus als junge hinzukommen. Für Entlastung sorgte in den vergangenen Jahren die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen und eine hohe Zuwanderung aus dem EU-Ausland. Weil es aber den Ländern in Südeuropa wieder besser geht, lässt dieser Effekt nach.

Was sind die Folgen?

Die Auswirkungen des Fachkräftemangels sind massiv – und vielfältig. Weil es zu wenig Fachkräfte auf dem Bau gibt, stockt zum Beispiel der Ausbau des schnellen Internets oder die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur – auch weil in Behörden Planungskapazitäten fehlen. Kunden müssen länger auf einen Handwerker warten, auch dort nimmt der Fachkräftemangel nach Branchenangaben zu. Der Mangel führt außerdem dazu, das viele Unternehmen an die Grenzen ihrer Kapazitäten stoßen. Auch wenn die vorhandenen Mitarbeiter mehr arbeiten, können teils keine Aufträge angenommen werden – was Folgen für das gesamte Wirtschaftswachstum haben kann.

Welche Branchen leiden besonders?

Zu wenig Fachkräfte gibt es nicht nur am Bau, sondern auch in der Logistik, in der Pflege oder im Gastgewerbe – aber laut DIHK-Report auch im Maschinenbau und bei IT-Dienstleitern. Seit Jahren gibt es vor allem in den sogenannten MINT-Fächern einen Mangel, also bei Mitarbeiten mit Fachwissen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik. Insgesamt werden also sowohl Akademiker, als auch Fachkräfte gebraucht.

Welche ausländischen Arbeitnehmer gibt es schon?

Von den 32,6 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland hatten im vergangenen Jahr rund 3,6 Millionen einen ausländischen Pass. Nach einer Auswertung der Bundesagentur für Arbeit waren darunter 1,3 Millionen Hilfskräfte, 1,7 Millionen Fachkräfte mit entsprechender Berufsausbildung sowie etwa 570 000 Hochqualifizierte mit einer Meisterausbildung oder einem Hochschulabschluss. Etwas mehr als die Hälfte der 3,6 Millionen ausländischen Arbeitskräfte kam aus EU-Staaten. Die größte Gruppe der Nicht-Europäer stellten 62 317 Syrer, gefolgt von Arbeitnehmern aus Indien (41 113), Afghanistan (40 310) und China (37 297). Während bei Syrern und Afghanen der Anteil der Hilfskräfte vergleichsweise groß war, stellten Inder und Chinesen überdurchschnittlich viele Hochqualifizierte.

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