„Das BIER entscheidet“

Berlin · Wem die etablierten Parteien zu langweilig sind, für den hält die Bundestagswahl Kurioses bereit. So manche Splitterpartei lockt Wähler mit „Kind auf Probe“ oder „Abi nach der 5. Klasse“. Ein Querschnitt durch die Programme.

Viele Bürger in Deutschland haben von ihnen noch nie etwas gehört. Und auch die Zahl ihrer Wähler ist überschaubar. Ihr Einzug in den Bundestag wäre somit eher ein Wunder. Trotzdem treten viele Splitterparteien auch bei der Wahl am 22. September an. "Kleinparteien haben ein besonders hohes Sendungsbewusstsein und ihre Vertreter glauben oft, die Wahrheit gefunden zu haben." So erklärt der Berliner Parteienforscher Carsten Koschmieder, weshalb sich viele Gruppierungen nicht unterkriegen lassen. Hier ein Blick auf fünf Parteien mit besonders skurrilen Zielen.

"Die Violetten": Seit 2001 versuchen die Violetten schon, ihr esoterisches Gedankengut auch über die Parlamente zu verbreiten. Gelungen ist ihnen das noch nicht. Zwei neue "Topthemen" hat man deshalb noch rasch ins Wahlprogramm gehoben: "Von der Umwelt zur Mitwelt", um "tiefenökologische Aspekte" zu betonen. Und die Erforschung der "frei verfügbaren Raum-Energie (Nullpunkt-Energie)". Beim Parteinamen handelt es sich übrigens um die Farbe mit der höchsten Schwingungszahl. Antreten werden die "Violetten" mit Direktkandidaten, per Zweitstimme sind sie in Bayern wählbar.

"Die Partei": Vorsitzender ist der Satiriker Martin Sonneborn, einst Titanic-Chefredakteur. Das Wahlprogramm heißt "Das BIER entscheidet". Die Ähnlichkeit zum SPD-Slogan ist gewollt. Neben der "Einführung eine Faulenquote" plädiert man auch für ein "G1-Schulsystem", also für das Abi nach der 5. Klasse. Die Mitglieder wurden jetzt aufgerufen, für den Wahlkampf "plumpe, bauernfängerische Plakate übelster Machart zu entwerfen". Der Sieger gewinnt ein Abendessen mit Sonneborn und "der schönen Kanzlerkandidatin Samira El Quassil". In fünf Ländern wird "Die Partei" mit Landeslisten antreten.

"NEIN!-Idee": "Du hast das Recht, Nein zusagen", lautet der Slogan der Partei. Zieht man in den Bundestag ein, will man gegen alles mit Nein stimmen, um die anderen Parteien dazu zu zwingen, "ihre Politik komplett am Kunden auszurichten". Es sei denn, es handelt sich um Entscheidungen, die per Referenden direkt an die Bürger abgegeben werden. Um neue Mitglieder wirbt die Partei übrigens mit einem "sehr geringen Jahresbeitrag von zwölf Euro". Antreten wird NEIN bei der Bundestagswahl nur mit einigen Direktkandidaten.

"Ab jetzt . . . Demokratie durch Volksabstimmung": Der Name sagt schon einiges aus, aber längst nicht alles. Helmut Fleck, ihr Bundesvorsitzender, will das Gesundheitswesen aufräumen und Naturheilverfahren und Schulmedizin gleichstellen. Auch will "Ab jetzt" die Wirtschaft kräftig ankurbeln, in dem Deutschland das dafür benötigte Geld "zinslos selbst erzeugt" - statt es von privaten Banken zu leihen. Wie das geht, verrät Fleck allerdings nicht. Aber: So können jährlich 60 Milliarden Euro an Zinsen eingespart werden. Behauptet jedenfalls "Ab jetzt".

"Bergpartei - die ÜberPartei": Berge gibt's laut dieser Formation genügend. Vor allem in Berlin. So beispielsweise "Kreuzberg, Prenzlauer Berg, Schöneberg . . . und Berge von Möglichkeiten". Als Jux-Partei sieht man sich aber nicht, auch wenn man die "Mitglieder einer entpolitisierten Spaß-, Party-, Kunst-Gesellschaft wieder für aktuelle politische Entscheidungen sensibilisieren" will. "Und zwar vor allem mit Hilfe von Spaß, Party und Kunst." Okay. Gefordert wird unter anderem, "für jeden gefällten Baum ein eingeschmolzenes Auto und private Kinderbetreuung durch Personen mit Kinderwunsch (Kind auf Probe)". Die Bergpartei tritt nur mit Direktkandidaten in der Bundeshauptstadt Berlin an.

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HintergrundDie Saarländer werden bei der Bundestagswahl im September nicht über 34 Parteien abstimmen. Denn hierzulande hat der Landeswahlausschuss nur zwölf Parteien zugelassen - und zwar CDU, SPD, Linke, FDP, Grüne, Familien-Partei, Piratenpartei, NPD, Marxistisch-Leninistische Partei (MLPD), Alternative für Deutschland (AfD), Bürgerbewegung für Deutschland und die Partei Freie Wähler. Nicht zugelassen auf Landesebene wurden drei Parteien: die "Neue Mitte", die "Partei der Vernunft" und "Die Partei". Alle drei hatten nicht die erforderlichen 808 Unterstützer-Unterschriften vorgelegt. red

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