Darf der Rechtsstaat einen Dieb belohnen?

Berlin. Die mit gestohlenen Bankdaten enttarnten Steuersünder in der Schweiz sollen den Fiskus um bis zu 400 Millionen Euro geprellt haben. Bislang war von rund 100 Millionen Euro die Rede. Dabei geht es laut "Süddeutscher Zeitung" um deutsche Kunden der Großbank Credit Suisse. Ein Teil der Kontobewegungen stamme aus dem Jahr 2008

Berlin. Die mit gestohlenen Bankdaten enttarnten Steuersünder in der Schweiz sollen den Fiskus um bis zu 400 Millionen Euro geprellt haben. Bislang war von rund 100 Millionen Euro die Rede. Dabei geht es laut "Süddeutscher Zeitung" um deutsche Kunden der Großbank Credit Suisse. Ein Teil der Kontobewegungen stamme aus dem Jahr 2008. Einem Kauf der Steuer-CD durch deutsche Behörden steht nichts mehr im Weg: Nach Angaben des NRW-Finanzministeriums sind alle offenen Rechtsfragen geklärt.

Der Streit über den Kauf der Steuersünder-CD hat inzwischen die saarländische Landespolitik erreicht. Die Saar-FDP wandte sich gestern strikt gegen den Plan der Bundesregierung. Der Staat dürfe keine Geschäfte mit Kriminellen machen, erklärte FDP-Fraktionschef Horst Hinschberger. Mit dem Kauf gestohlener Daten breche der Rechtsstaat selbst das Recht. "Und schlimmer noch: Er belohnt den Dieb und schafft Anreize für Nachahmer." Finanzminister Peter Jacoby (CDU) hatte zuvor angekündigt, dass sich die Landesregierung an den Kosten für den Erwerb der Bankdaten beteiligen wird.

Mit ihrer Forderung treffen die Liberalen auf den Widerstand ihrer Koalitionspartner. Die CDU-Fraktion stimmt dem Geschäft, wenn auch mit Bauchschmerzen, zu. Es bleibe "ein komisches Gefühl" zurück, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Schmitt: "Wie verhalten wir uns, wenn uns jemand 50 000 Missbrauchsfälle von Hartz-IV-Empfängern anbietet?" Die Grünen haben nach den Worten einer Fraktionssprecherin keine Datenschutz-Bedenken.

Auch Saar-SPD-Chef Heiko Maas befürwortet den geplanten Ankauf der Schweizer Bankdaten. "Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Hier darf der Ehrliche nicht der Dumme sein", sagte Maas. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Heinz Bierbaum, forderte im Kampf gegen Steuerhinterziehung mehr Fahnder.

Unterstützung erhielt die FDP vom Landesdatenschutzbeauftragten Roland Lorenz (Foto: SZ), der sich der Meinung des obersten Bundesdatenschützers Peter Schaar anschloss. Der Saarbrücker Zeitung sagte Lorenz: "Der Staat hat geordnete Rechtsverfahren. Wenn er diese Rechtsverfahren nicht beachtet, vernichtet er sich auf Dauer selbst." Der Kauf komme einer "Aufforderung zur Begehung von Straftaten" gleich, sagte Lorenz.dpa/kir

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