Cyber-Attacken aus Shanghai

Washington. Die digitale Spurensuche führt zu einem Hochhaus in einem Vorort von Shanghai. In dem zwölfstöckigen Gebäude haben die Cyber-Krieger der Einheit 61398 der chinesischen Volksarmee ihr Hauptquartier

Washington. Die digitale Spurensuche führt zu einem Hochhaus in einem Vorort von Shanghai. In dem zwölfstöckigen Gebäude haben die Cyber-Krieger der Einheit 61398 der chinesischen Volksarmee ihr Hauptquartier. "Entweder die Angriffe kommen direkt von dort oder die Leute, die das bestkontrollierte und bestüberwachte Internet der Welt betreiben, sind ahnungslos, was tausende Leute in ihrer Nachbarschaft tun", erklärte Kevin Mandia gegenüber der "New York Times" das Ergebnis einer Studie seines Unternehmens.Die Experten der Internet-Sicherheitsfirma Mandiant sind sich nicht nur sicher, dass die Angriffe auf Dutzende amerikanische Firmen, Betreiber öffentlicher Infrastruktur und Regierungsbehörden der vergangenen Jahre von hier ausgingen. Sie seien auch mit der vollen Unterstützung des Staates ausgeführt worden. Ein Vorwurf, den Peking massiv bestreitet. Die chinesische Botschaft in Washington besteht auf der Feststellung, die Volksrepublik beteilige sich nicht an illegalen Aktivitäten. Es könne sich auch um Hacker handeln, die in den USA säßen. Dem widerspricht die Studie: Insbesondere die IP-Adressen der Angreifer ließen keinen anderen Schluss zu (eine solche Adresse besitzt jeder mit dem Internet verbundene PC). "Die Ergebnisse von Mandiant stimmen mit dem überein, was wir aus unseren eigenen Erkenntnissen im Geheimdienst-Ausschuss wissen", erklärte der Vorsitzende des Gremiums im US-Repräsentantenhaus, Mike Rogers. "Das sollte ein Weckruf sein."

Anfang des Jahres hatten die 16 Geheimdienste der USA eine geheime Lage-Einschätzung zum Thema vorgelegt, die dem Vernehmen nach zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kam wie die Arbeit der privaten Sicherheits-Experten. Da es sich um ein sensibles Dokument handelt, bleibt es offiziell unter Verschluss.

Die Liste der Ziele von Cyberattacken in den USA ist beunruhigend lang. Zuletzt drangen die Hacker in die Netzwerke der "New York Times", der "Washington Post" und des "Wall Street Journal" ein. Zuvor verschafften sich die Cyber-Krieger unter anderen bei Banken, Google, dem Anbieter von Sicherheitssystemen RSA, dem Rüstungsunternehmen Lockheed Martin, bei Coca Cola sowie dem US-Außenministerium und dem Pentagon Zugang zu den Rechensystemen.

US-Präsident Barack Obama widmete der Bedrohung in seiner Rede zur Lage der Nation einen ganzen Absatz, ohne darin aber explizit Peking zu beschuldigen. "Unsere Gegner versuchen die Fähigkeit zu bekommen, unsere Stromnetze, finanziellen Institutionen und unsere Luftverkehrssysteme zu sabotieren. Wir dürfen nicht in ein paar Jahren an dem Punkt stehen, wo wir uns fragen, warum wir die Hände in den Schoss gelegt haben." Das Weiße Haus erwägt nun, eine härtere Gangart bei der Cyberabwehr einzuschlagen.

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