Corinnas mutmaßlicher Mörder ist gefasst"80 bis 90 Kinder kommen jedes Jahr durch Gewalt zu Tode"

Eilenburg. Die Nachricht hat sich in Eilenburg in Windeseile verbreitet: Der mutmaßliche Mörder der neunjährigen Corinna (Foto: ddp) ist vier Tage nach dem Verbrechen gefasst worden. "Das ist gut, dass sie den so schnell gefunden haben", sagt eine Frau, die in der sonntäglichen Sommerhitze vors Rathaus der kleinen sächsischen Stadt gekommen ist

Eilenburg. Die Nachricht hat sich in Eilenburg in Windeseile verbreitet: Der mutmaßliche Mörder der neunjährigen Corinna (Foto: ddp) ist vier Tage nach dem Verbrechen gefasst worden. "Das ist gut, dass sie den so schnell gefunden haben", sagt eine Frau, die in der sonntäglichen Sommerhitze vors Rathaus der kleinen sächsischen Stadt gekommen ist. Dort zeugt noch immer ein Meer aus Blumen, Plüschtieren und Kerzen von der großen Trauer der Menschen. Gestern teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit: "Wir haben einen geständigen Täter." Der 39-jährige Eilenburger wurde in der Nacht zuvor gegen 23 Uhr festgenommen.

Der Mann ist bei den Behörden kein Unbekannter; einschlägig vorbestraft ist er aber nicht. Das betont der Leitende Oberstaatsanwalt Hans Strobl immer wieder. "Wenn man nur nach Sexualtätern gesucht hätte, wären wir nicht zu einem Ergebnis gekommen", sagt Strobl. Wegen Brandstiftung habe der 39 Jahre alte Arbeitslose im Gefängnis gesessen. Jetzt wurde Haftbefehl erlassen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, Vergewaltigung und Mord. Der Mann stammt nicht aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Mädchens, seine Mutter soll aber früher in der Gegend gewohnt haben.

Wann und wo die kleine Corinna am vorigen Dienstag in die Gewalt des Täters geriet, wollen die Behörden nicht preisgeben. Die Ermittlungen seien noch in vollem Gange. Corinna war zum Spielen aus der Wohnung im nördlichen Stadtzentrum gegangen. Einen knappen Tag lang suchten die Ermittler mit Hochdruck nach der Vermissten. "Es ist uns leider nicht gelungen, Corinna lebend zu finden", sagte dazu Landespolizeipräsident Bernd Merbitz. Am Mittwoch wurde Corinnas Leiche im Mühlgraben, einem Seitenarm des Flusses Mulde, gefunden.

Der Täter hatte das tote Kind in einem Müllsack gezwängt. 164 Hinweise gingen bis gestern bei der Polizei ein.

Mehrere hätten auf den 39-Jährigen gedeutet, sagt Kriminaldirektor Jürgen Georgie. Jemand hatte den Mann mit einem Mädchen gesehen, ein anderer habe ein "ungewöhnliches Verhalten" des früheren Fabrikarbeiters beobachtet. Auch soll er "beschmutzt und feucht" beobachtet worden sein.

Corinnas Familie habe erleichtert auf die Festnahme reagiert, sagt deren Anwältin Ina Alexandra Tust. Allerdings: Mutter, Stiefvater, die beiden älteren Geschwister und andere Angehörige seien unheimlich aufgewühlt. "Die Mutter von Corinna konnte kaum die Todesnachricht begreifen, da kommt schon die Nachricht von der Ergreifung des Täters", sagt Tust und appelliert an die Öffentlichkeit: "Die Familie braucht jetzt wirklich Ruhe!"

Gestern brannten in der Nikolai-Kirche im Zentrum Eilenburgs noch immer Dutzende Kerzen. Sie sind zu einem Kreuz aufgestellt.

Mehrere hundert Menschen hatten sich am Samstagabend zu einer Trauerandacht versammelt. Auch der 39-Jährige soll da gewesen sein und habe eine Kerze angezündet, erzählt eine 45-jährige Eilenburgerin. Bestätigen will die Polizei das aber nicht.

Da kommt eine junge Mutter mit ihrem Sohn zum Rathaus. Auch sie hat längst von der Verhaftung des Verdächtigen gehört. Trotzdem legt sie noch eine Sonnenblume nieder und sagt: "Die Trauer hört ja jetzt nicht auf." Januar 2009: Die Leiche der achtjährigen Kardelen wird am Möhnesee im Sauerland (Nordrhein-Westfalen) entdeckt. Der Täter hatte das Kind missbraucht und erstickt. Am 10. Februar wird ein der Tat verdächtigter Nachbar in der Türkei festgenommen, wo ihm der Prozess gemacht werden soll.

August 2008: In Leipzig verschwindet die achtjährige Michelle nach der Ferienbetreuung. Ihre Leiche wird in einem Teich gefunden. Knapp sieben Monate danach nimmt die Polizei einen 18 Jahre alten Nachbarn unter dringendem Tatverdacht fest. Der Prozess soll in diesem August beginnen.

August 2007: In Königswinter (Nordrhein-Westfalen) verschwindet die 14-jährige Hannah. Am 3. September wird ihre Leiche gefunden. Die Polizei nimmt einen 25-Jährigen fest. Er gesteht, Hannah vergewaltigt und erstochen zu haben. Das Bonner Schwurgericht verurteilt ihn zu lebenslanger Haft.

Februar 2007: Der neunjährige Mitja aus Leipzig wird tot in einer Kleingartenanlage am Rande der Stadt entdeckt. Er wurde missbraucht und erstickt. Der Junge war auf dem Heimweg verschwunden. Videobilder aus einer Straßenbahn zeigen ihn mit seinem Mörder. Dieser wird zu lebenslanger Haft mit Sicherungsverwahrung verurteilt.

Juni 2004: In Metzels (Thüringen) erwürgt und ersticht ein 38 Jahre alter vorbestrafter Kinderschänder die sechsjährige Jessica. Die Kleine war auf dem Heimweg vom Kindergarten. Das Urteil: lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung.

März 2003: Die Geschwister Tom (11) und Sonja (9) aus Eschweiler (Nordrhein-Westfalen) kommen nach dem Spielen nicht nach Hause. Tom wird erwürgt auf einem Parkplatz gefunden. Eine Woche später entdecken Spaziergänger in der Eifel Sonjas Leiche. Die beiden Mörder werden zu lebenslanger Haft verurteilt. dpa

Hintergrund

Nach dem Mord an Corinna hat die Polizei Eltern zu Offenheit im Umgang mit dem Verbrechen geraten: "Grundsätzlich sollten alle Eltern mit ihren Kindern über das Ereignis offen und ehrlich sprechen. Wichtig ist dabei, den Kleinen zu erklären, dass sie sich nicht auf falsche Versprechen einlassen. Gerade wenn sich eine unbekannte Person mit einem Auto nähert, sollten die Kinder einfach weiterlaufen. Aussagen von Fremden, dass Mutti oder Vati etwas Schlimmes passiert ist, dürfen sie nicht glauben." dpa

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