Clinton vor der Tür

Auch „Flotus“ ist jetzt dafür, wenn auch nur im Prinzip. „Ja, ich glaube, das Land ist reif für seine erste Präsidentin“, sagt Michelle Obama, First Lady of the United States (kurz: Flotus), die selber jegliche Ambitionen bestreitet, einmal „Potus“ werden zu wollen, also President of the United States.

Also Hillary Clinton? "Es ist nur die Frage, wer da draußen die beste Person ist", zieht Flotus sich diplomatisch aus der Affäre, was einmal mehr ahnen lässt, wie tief der Stachel der Rivalität zwischen den Politikerfamilien Obama und Clinton noch immer sitzt.

Barbara Pierce Bush, die ältere der beiden Zwillingstöchter George W. Bushs, würde Clinton dagegen explizit gern im Weißen Haus sehen, sie schwärmt von einer "unglaublich kultivierten" Frau, weiß nur noch nicht, ob sie selber für sie stimmen würde, weil ja auch Onkel Jeb Bush antreten könnte. Immerhin, eine anspornende Wortmeldung aus einem zweiten rivalisierenden Politiker-Clan.

"Ready for Hillary" - ein erstes Aktionskomitee mit dem motivierenden Titel gibt es bereits, mit gut einer Million Dollar auf dem Spendenkonto. Genau wie es bereits das Kontrastprogramm gibt, "Stop Hillary 2016". Matt Rhoades, einer der Kampagnenmanager des gescheiterten Mitt Romney, hat die Initiative gegründet. Wobei abzuwarten bleibt, ob der Ton wieder so schrill wird wie einst, als hysterische Republikaner das C im Namen Clinton als sowjetische Sichel auf Poster malten. Diesmal dürften die Republikaner eher auf dem Alter der Kandidatin herumreiten: Im November 2016 wäre sie 69, während die Konservativen mit Chris Christie (heute 50) und Marco Rubio (42) vergleichsweise junge Stars aufbieten können.

Jeder weiß, das alles ist nur Vorgeplänkel. Schon jetzt den Hut in den Ring zu werfen, wäre ein schwerer Verstoß gegen ungeschriebene Gesetze, wonach eine Bewerbung frühestens zwei Jahre vor dem Votum anzukündigen ist. Es ändert aber nichts daran, dass die Protagonistin selber das Feuer schürt.

Da ist der Auftritt bei Twitter. Als Clinton im Juni ihre innere Hemmschwelle überwand und zu "zwitschern" begann - inzwischen bringt sie es auf 713 000 Anhänger - stellte sie sich mit dieser Kurzbiografie vor: Ehefrau, Mutter, Anwältin, Frauen- und Kinderrechtlerin, First Lady von Arkansas, First Lady der Vereinigten Staaten, US-Senatorin, Außenministerin, Autorin, Hundebesitzerin, Frisur-Ikone, Hosenanzug-Liebhaberin, Knackerin gläserner Decken, TBD. Das mit den gläsernen Decken, im Deutschen würde man wohl Schallmauer sagen, ist eine der Lieblings-Metaphern Amerikas. Barack Obama hat eine durchstoßen, als er, der erste Staatschef mit dunkler Haut, ins Oval Office einzog. Und TBD steht für "To Be Determined", abwarten, was demnächst entschieden wird, im Sinne von: Paukenschläge nicht ausgeschlossen.

Da war erst vor wenigen Tagen eine feurige Rede vor der Vereinigung amerikanischer Juristen. Clinton sprach über die "alten Dämonen der Rassendiskriminierung", von den keiner glauben solle, sie seien restlos verschwunden. Und sie kritisierte den Obersten Gerichtshof für seine Entscheidung, eine Klausel aufzuheben, die die afroamerikanischen Wähler der Südstaaten vor bürokratischer Schikane schützt. Da wäre auch der Korb für Michael Bloomberg, den scheidenden Bürgermeister New Yorks, der sie gern als seine Nachfolgerin im Rathaus gesehen hätte und sie ermunterte, an den Start zu gehen. Vergebens.

Dann ist da schließlich eine Sehnsucht, wie sie US-Schauspielerin Meryl Streep am prägnantesten auf den Punkt brachte, voriges Jahr in einer Beifall umtosten Rede der Stiftung "Women in the World". "Hillary ist wir, und wir sind Hillary", rief die Schauspielerin und meinte: die Heldin der modernen Frauenbewegung. Elf Jahre hintereinander kürten die Amerikaner die Symbolfigur weiblichen Selbstbewusstseins, weiblicher Würde zur "meistbewunderten Frau des Planeten". Beim letzten Mal vor Michelle Obama, Oprah Winfrey und Sarah Palin - was zwar eine bizarr amerikazentristische Sicht auf die Welt offenbart, aber eben auch eine Empfehlung für den Vorwahlmarathon von Iowa über New Hampshire und South Carolina bis ans Ziel ist. Die Meinungsforscher der Quinnipiac University Connecticut haben bereits einen ersten Tipp abgegeben. Danach würde Clinton in Virginia im November 2016 gegen Chris Christie, den republikanischen Gouverneur von New Jersey, mit neun Punkten Vorsprung gewinnen.

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