Beim Gipfeltreffen mit Chinas Premier gehen beide Partner aufeinander zu - Peking will die Lücke füllen, die die USA reißen EU will Chinas Hunger auf Wachstum nutzen

Brüssel Die verbale Ohrfeige für den amerikanischen Präsidenten Donald Trump ließ nicht lange auf sich warten. „Wir sollten uns dem Protektionismus entgegenstellen: Er ist ein Risiko für Europa und die Welt.“ EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström gab mit diesen einleitenden Worten zum europäisch-chinesischen Gipfeltreffen am gestrigen Freitag die Richtung vor. Li Keqiang, der Premierminister aus Peking, hatte keine Einwände und betonte seinerseits die Bedeutung von Marktwirtschaft und freiem Welthandel für das Reich der Mitte – und das mit Worten, die man so deutlich noch von keinem chinesischen Regierungschef gehört hatte: „Wir müssen Regeln einhalten, besonders internationale Regeln“, betonte der chinesische Premier. „Sonst wird die Welt ein Dschungel ohne jegliches Gesetz.“

Brüssel Die verbale Ohrfeige für den amerikanischen Präsidenten Donald Trump ließ nicht lange auf sich warten. „Wir sollten uns dem Protektionismus entgegenstellen: Er ist ein Risiko für Europa und die Welt.“ EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström gab mit diesen einleitenden Worten zum europäisch-chinesischen Gipfeltreffen am gestrigen Freitag die Richtung vor. Li Keqiang, der Premierminister aus Peking, hatte keine Einwände und betonte seinerseits die Bedeutung von Marktwirtschaft und freiem Welthandel für das Reich der Mitte – und das mit Worten, die man so deutlich noch von keinem chinesischen Regierungschef gehört hatte: „Wir müssen Regeln einhalten, besonders internationale Regeln“, betonte der chinesische Premier. „Sonst wird die Welt ein Dschungel ohne jegliches Gesetz.“

Während sich die USA immer mehr auf die eigene Weltsicht konzentrieren, rückten Europa und China in Brüssel erkennbar näher zusammen  trotz aller Meinungsverschiedenheiten, die am Abend allerdings einen harmonischen Abschluss verhinderten. Ein Absatz der Schluss­erklärung, in der der Status Chinas als Marktwirtschaft zementiert werden sollten, stieß bei den Europäern auf Widerspruch. Nach einigem Hin und Her ließ man das Treffen ausklingen, ohne das Papier mit umfangreichen Festlegungen zum Klimaschutz und zum Handel zu unterschreiben. Doch Gipfeltreffen mit China kann und darf man nicht an der fehlenden Liste konkreter Ergebnisse messen. Wenn die Pekinger Führung nach Brüssel kommt, geht es um strategische Ausrichtungen, um Wunschkataloge, die man austauscht. Für dieses Treffen galt das ganz besonders.

Wo sich die USA stärker auf sich selbst konzentrieren, springen andere Partner in die entstehende Lücke. Peking und Brüssel arbeiten zusammen, so unvorstellbar das angesichts der politischen und ökonomischen Unterschiede auch sein mag. Allerdings:  Beide reden zwar von Freundschaft, meinen aber einen Wettbewerb – eine Verzerrung, denn es gibt keine gleichen Voraussetzungen. So lange im Reich der Mitte staatliche Mittel für den Ausbau von Schlüsselindustrien eingesetzt werden, so lange westliches Knowhow und Kapital nicht geschützt sind, kann es zwar Konkurrenz, nicht aber Chancengleichheit auf dem Markt geben. Und dabei sind soziale Themen wie Arbeitnehmerrechte oder gar Einhaltung der Menschenrechte noch gar nicht einbezogen. China muss viel tun, um auf Augenhöhe mit der EU zu agieren. Und hat die Skepsis der EU-Partner bei dem Streit über seinen Status als Marktwirtschaft zu spüren bekommen.

Die Union versteht das als Chance. Sie will den Hunger nach Wachstum, den das Riesenreich für seine politische Stabilität braucht, nutzen, um Reformen anzustoßen. Das ist moralisch richtig und politisch wünschenswert. Obwohl China sich solchen demokratischen Auflagen am liebsten entziehen möchte. Aber das wird nicht gehen. Eine Marktwirtschaft, als die Peking gerne anerkannt sein will, funktioniert nicht ohne Arbeitnehmerschutz, ohne Verbraucherrechte oder rechtsstaatliche Verfahren. Und vor allem nicht ohne Menschenrechte. Die chinesische Führung muss verstehen, dass das Land bisher für die Arbeitnehmer im Westen als Inbegriff für den kalten, unsozialen Staatskapitalismus steht – was für ein System, dass sich als kommunistisch ausgibt, nur schwer zu begreifen ist. Wenn Peking eine echte Partnerschaft sucht, muss es mehr tun, als ein paar Handelsschranken abzubauen.

Gegenüber Li stellte Kommissionspräsident Jean-Claude  Juncker solche  Bedenken zurück: „Ich habe nie ein Geheimnis aus meiner Zuneigung und Bewunderung für Ihre große Nation und das chinesische Volk gemacht“, sagte er. „Die Stunde für Veränderungen und neue Allianzen“ sei günstig, sagte ein EU-Offizieller nach der Begegnung.

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