AKK in der Bütt Wie Putzfrau Gretel in Berlin Staub aufwirbelt

St. Ingbert  · Dank CDU-Chefin AKK, die nach einem Jahr Pause wieder in der Bütt steht, wird die Narrenschau in St. Ingbert zum Medienereignis.

„Ich liebe Dich, schöne Putzfrau“: Ein Herz für die Gretel alias Annegret Kramp-Karrenbauer, die nun das Konrad-Adenauer-Haus in Berlin durchfegt und vom (Fein-)Staub befreit. Im Hintergrund Mitglieder des Elferrats.

„Ich liebe Dich, schöne Putzfrau“: Ein Herz für die Gretel alias Annegret Kramp-Karrenbauer, die nun das Konrad-Adenauer-Haus in Berlin durchfegt und vom (Fein-)Staub befreit. Im Hintergrund Mitglieder des Elferrats.

Foto: BeckerBredel

Alleh hopp schlägt Helau und Alaaf: Während die karnevalistischen Hochburgen Kölle, Düsseldorf und Mainz gerade erst in Fahrt kommen, blicken die deutschen Medien – weit mehr als in den Vorjahren – aufs Narrengeschehen im Saarland. Dorthin, wo die im vergangenen Jahr zur CDU-Chefin gekürte Annegret Kamp-Karrenbauer nach einem Jahr Pause wieder in ihre Paraderolle als „Putzfrau Gretel“ schlüpfte. In der Industriekathedrale Alte Schmelz in St. Ingbert war daher am Sonntag der Presse-Auftrieb wie erwartet hoch. So, dass AKK mit kleinkarierter Kittelschürze und Kopftuch schon mutmaßte, die Saarländische Narrenschau müsse zum ersten Mal in ihrer Geschichte „untertitelt werden“. Denn freilich putzt die Gretel in Berlin nun in einer ganz anderen Liga, schwingt den Besen – statt wie früher im Saar-Landtag – in Bundestag und im Konrad-Adenauer-Haus. Dorthin berief man sie zunächst, um ein bisschen aufzuräumen und „unter den Teppich zu kehren“, sagt sie. Inzwischen will man sie wegen ihrer Erfahrungen beim Reinemachen mit Jamaika und mit der SPD nicht mehr gehen lassen. Und auch wegen der vielen Saarländer in Berlin werde sie gebraucht, „weil die do jetzt so viel Dreck mache, und änner jo uffräume muss“. „Hemmweh“ hat sie gelegentlich schon, räumt sie ein und beklagt, dass die Berliner „so komisch sinn“ und „ennfach kenn Saarlännisch kinne“. Nicht einmal die einfachsten Grundregeln der Konversation wie „Unn?...Gudd!“ beherrschten sie. Dafür habe die Regierung im letzten Jahr aber „viel geschwätzt und nix beschlossen“. Gewollt hätte die ja schon, aber nicht gedurft. Die Deutsche Umwelthilfe hätte es verboten und gesagt, wenn die Regierung jetzt anfange zu schaffen, würde das zu viel Staub aufwirbeln. Kürzlich habe die Andrea Nahles mal angefagt, ob die Umwelthilfe vielleicht dem Sigmar Gabriel das „Schwätzen verbieten“ könne. Nach einer Untersuchung des Feinstaubgehalts sei die aber zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Gabriel alles „reine heiße Luft ist“, da sei nicht mal ein kleines Körnchen Staub drin.

Wenn die Gretel das politische Personal in Berlin und im Saarland poliert, treffen ihre närrischen Spitzen zwar gelegentlich pfeilscharf, aber nie allzu tief. Abbürsten oder gar runterputzen liegen der beförderten Putzfrau nicht. Deshalb bekommen es die Kanzlerin, aber auch Bundesminister wie Peter Altmaier (CDU) und Heiko Maas (SPD) allenfalls sachte ab. Ebenso Reinhold Jost (SPD), der als Umweltchef im Saarland, wo es offenbar als einzigem Bundesland keine Wölfe gibt, die Tiere so abschreckt, dass man nun „an jedem Wolfsgehege in Deutschland einen Pappaufsteller vom Jost hinstellt“. Lediglich ihre ehemaligen Konkurrenten im Sparring um den CDU-Vorsitz bedenkt sie mit rustikalerem Spott: Jens Spahn, der sich um alles kümmere, nur nicht um Gesundheit, und Friedrich Merz, den „Wiedergänger der deutschen Politik“. So habe Letzterer bei der „Casting Show“ für den Parteivorsitz in einer der Regionalkonferenzen mal richtig provozieren wollen und gefragt, wer denn im Saal der Meinung sei, „dass er nicht so schlau ist“ – der solle doch mal aufstehen. Erhoben habe sich dann aber lediglich die AKK mit den Worten: „Ich wollt dich hier net so allään stehnlosse.“

 „Närrisch – kloor“: Akteure der Saarländischen Narrenschau marschieren  fähnchenschwenkend ein in der St. Ingberter Alten Schmelz.

„Närrisch – kloor“: Akteure der Saarländischen Narrenschau marschieren  fähnchenschwenkend ein in der St. Ingberter Alten Schmelz.

Foto: BeckerBredel

Beim Blick in die Region stellt sie fest, dass das Saarland jetzt offensichtlich wieder über mehr Geld verfüge. „Früher, als mir so arm ware, hatte mir immer so klääne Ministerpräsidente, de Lafontaine, de Müller unn die Kramp-Karrenbauer“. Jetzt könnten sich die Saarländer sogar einen großen Ministerpräsidenten leisten, meint sie in Anspielung auf den hochgewachsenen Tobias Hans.

Am Ende ihrer Putztour wird AKK von den rund 1100 Narren im Saal enthusiastisch gefeiert. Den Saarländern gilt sie auch nach ihrem beruflichen Umzug „ins Reich“ als Politikerin ohne Allüren. Im großen Narrentreiben fühlt sie sich an diesem Abend ganz „dehemm“, herzt Parteifreunde, politische Weggefährten und lässt sich mit frohgelaunten Narren auf Selfies verewigen. Elferratspräsident Stefan Regert, auch Vize-Chef des Verbands Saarländischer Karnevalsvereine, darf sie bei seiner Moderation „Annegret“ nennen. Und bei den Auftritten der saarländischen Garden und Musiker klatscht, schunkelt und singt sie in Gesellschaft von Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), Vize-Landeschefin Anke Rehlinger und Umweltminister Reinhold Jost (beide SPD) entspannt mit. Das wissen offenbar auch die saarländischen Narren zu schätzen „Gut, dass sie zu ihren Wurzeln steht“, sagte etwa Thorsten Hayo aus Heidstock. „Alle Achtung, dass sie sich in ihrer jetzigen Funktion auch noch hier auf die Bühne stellt.“

 Saar-Ministerpräsident Tobias Hans, ebenfalls kostümiert, spendet „Putzfrau Gretel Applaus“.

Saar-Ministerpräsident Tobias Hans, ebenfalls kostümiert, spendet „Putzfrau Gretel Applaus“.

Foto: BeckerBredel

Und auch die Journalisten „aus dem Reich“, bekannt für spitze Federn gegen den politischen Provinzialismus, blickten am Tag danach überwiegend positiv auf die CDU-Chefin im Putzfrauen-Kostüm. Zwar werden nicht alle ihre Pointen goutiert – ein müder Witz mit Putin und Trump im Flugzeug fällt bei „Spiegel-Online“ krachend durch. Doch würdigt das Magazin AKKs Bekenntnis zum Saarland und blickt schon auf eine mögliche Kanzlerschaft: „Zur Provinz bekennt sie sich aus vollem Herzen, schließlich werden dort Wahlen entschieden“, heißt es hier. Und: „Auf politischer Ebene betreibt AKK bereits den Abschied vom Erbe der Kanzlerin. Auf symbolischer Ebene könnte sie sich kaum deutlicher abgrenzen als hier.“ Auch FAZ und „Bild“-Zeitung loben den Humor der CDU-Chefin im „breitesten Saarländisch“.

Journalisten überregionaler Medien bekamen an diesem Abend allerdings noch weit mehr zu schauen: Rund 300 Akteure präsentierten ein breites Spektrum saarländischen Narrentreibens: darunter Tänze der Saarlandgarde und der Grün-Weiße-Funken KG aus Merzig, die sich durchaus mit vielen Großen in den Karnevalshochburgen am Rhein messen können. Oder humorvoll-schräge Choreografien wie die der KG Blau-Weiß Steinbach („Der Zirkus mit dem Zyklus“) und Karo-Blau-Gold aus Roden („Geschichten aus dem (F)altenheim“).

Gibt den Besen nicht aus der Hand: Putzfrau Gretel.

Gibt den Besen nicht aus der Hand: Putzfrau Gretel.

Foto: dpa/Boris Roessler

Und dass die Saarländer keineswegs nur kleinkarierte Innenschau betreiben, sondern die Politik bundes- und weltweit im Auge haben, zeigten weitere saarländische Büttenredner wie Jonas Degen („Grüne Nelke“, Dudweiler) und Harald Winter (CVL Lebach), die rhetorisch gegen Dieselkrise, Umwelthilfe, Koalition, BND, Trump, Putin und die AfD ihre Messer wetzten – während Döner-Verkäufer Murat alias Christian Lauer („Die Fratzenmacher“, Wadrill) mit seinem Grill aus Lyonerringen demonstrierte, wie man sich im Saarland erfolgreich integriert.

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