Bundeswehr durchsucht alle Kasernen

Berlin · Nach Entdeckung weiterer Wehrmachtsandenken greift die militärische Führung durch und ordnete eine deutschlandweite Razzia an.

In der deutsch-französischen Kaserne des Jägerbataillons in Donaueschingen sind Wehrmachtsandenken gefunden worden. Foto: Seeger/dpa

In der deutsch-französischen Kaserne des Jägerbataillons in Donaueschingen sind Wehrmachtsandenken gefunden worden. Foto: Seeger/dpa

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Im Kampf gegen rechtsextremistische Umtriebe lässt die Bundeswehr deutschlandweit alle Kasernen nach Andenken an die Wehrmacht durchkämmen. Das hat Generalinspekteur Volker Wieker angeordnet, wie die "Welt am Sonntag" berichtete. Die Streitkräfte müssen schon bis morgen einen Zwischenbericht abliefern, abgeschlossen sein soll die Aktion bis zum 16. Mai.

Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte: "Es geht um nicht weniger als den Ruf unserer Bundeswehr." Die Ministerin rief alle auf, "vom General bis zum Rekruten", diesen Prozess zu unterstützen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte am Wochenende per Twitter: "Mit Blick auf die deutsche Geschichte muss ganz klar sein: Wer die Wehrmacht glorifiziert, hat in der Bundeswehr rein gar nichts zu suchen."

Zuvor hatten Ermittler der Truppe in einer weiteren Kaserne Wehrmachtsdevotionalien entdeckt, und zwar im baden-württembergischen Standort Donaueschingen. Dort waren beim Jägerbataillon 292 in der Fürstenberg-Kaserne Wehrmachtsstahlhelme in einer Vitrine ausgestellt, wie "Spiegel Online" meldete. Außerdem stießen Inspekteure auf einen mit Wehrmachtsandenken ausgeschmückten Raum.

Der Generalinspekteur habe eine "Überprüfung der Einhaltung der Regelungen zum Umgang mit dem Traditionsverständnis in Bezug auf Nationalsozialismus und Wehrmacht" verfügt, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Hintergrund der aktuellen Ermittlungen ist der Fall eines mutmaßlich rechtsextremen Oberleutnants, der unter Terrorverdacht steht. Der 28-jährige Franco A. (28) hatte sich als falscher Flüchtling registrieren lassen und womöglich einen Anschlag geplant. In dessen Kaserne bei der Deutsch-Französischen Brigade in Illkirch bei Straßburg hatte das Jägerbataillon 291 einen Raum mit gemalten Wehrmachtssoldaten in Heldenposen ausgeschmückt.

Verteidigungsministerin von der Leyen hatte nach den Enthüllungen gesagt, sie rechne mit dem Bekanntwerden weiterer rechtsextremer Vorfälle. Doch ihre pauschale Kritik an "Haltungsproblemen" und einer verbreiteten "Führungsschwäche" revidierte sie nun auch inhaltlich teilweise. "Jeden Tag werden in der Bundeswehr Regelverstöße korrekt geahndet, die innere Führung greift", sagte sie der "Bild am Sonntag". Von der Leyen warb zugleich um Unterstützung aus der Truppe. "Der jetzt begonnene Aufarbeitungsprozess erfordert Courage und langen Atem. Wir sollten jetzt gemeinsam, vom General bis zum Rekruten, diesen Prozess mit aller Kraft unterstützen."

In der Kaserne in Illkirch gab es bereits 2012 einen Skandal mit Nazi-Symbolen. Entsprechende Informationen bestätigte das Verteidigungsministerium der "Bild"-Zeitung. Bundeswehrsoldaten hätten in der Nacht des 7. November 2012 ein vier Meter großes Hakenkreuz auf den Boden der Kaserne gestreut. Anlass sei offenbar ein deutlicher Sieg des FC Bayern im Fußball-Champions-League-Spiel gegen den französischen Club OSC Lille gewesen. Der Fall sei damals unverzüglich den Vorgesetzten sowie dem Ministerium und dem Militärischen Abschirmdienst gemeldet worden. Nach Angaben des Ministeriums wurden damals 20 Soldaten vernommen, drei von ihnen mit Geldbußen belegt und aus der Bundeswehr entlassen.

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