Syrien Gutachten sieht Türkei als Besatzungsmacht

Berlin · Die Türkei ist nach einem wissenschaftlichen Gutachten des Bundestags Besatzungsmacht in Syrien. „Bei Lichte betrachtet erfüllt die türkische Militärpräsenz in der nordsyrischen Region Afrin sowie in der Region um Asas, al-Bab und Dscharablus im Norden Syriens völkerrechtlich alle Kriterien einer militärischen Besatzung“, heißt es in der neunseitigen Expertise, die von der Linksfraktion in Auftrag gegeben wurde.

Türkische Truppen waren im Januar in Nordsyrien einmarschiert, um dort die kurdische Miliz YPG zu bekämpfen, die in ihren Augen eine Terrororganisation ist. Die Regierung in Ankara beruft sich auf ihr Selbstverteidigungsrecht. Eine weitere Offensive gegen die YPG hat der türkische Präsident Erdogan bereits angekündigt, aber auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben.

Die Bundesregierung hat bisher keine völkerrechtliche Einordnung der Afrin-Offensive vorgenommen. Erst in der vergangenen Woche hatte eine Sprecherin des Auswärtiges Amts erklärt, dass es weiterhin keine Grundlage für eine solche Bewertung gebe. „Die Situation in der Türkei und, wie wir in den letzten Tagen gesehen haben, auch in Nordsyrien ist fluide“, sagte sie zur Begründung. Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte allerdings bereits im März gesagt, dass die türkische Militäroperation „sicherlich nicht mehr im Einklang mit dem Völkerrecht wäre“, wenn türkische Truppen dauerhaft in Syrien bleiben würden.

Das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags beruft sich auf die Haager Landkriegsordnung (HLKO) von 1907, nach der ein Gebiet als besetzt gilt, wenn es sich tatsächlich in der Gewalt eines feindlichen Heeres befindet.

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