Mit großer Mehrheit Bundestag stuft Maghreb als sicher ein

Berlin · Der Bundestag hat mit großer Mehrheit am Freitag einem Gesetzentwurf zur Einstufung von Georgien, Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten zugestimmt.

Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh sagte, die Regelung sei wichtig, um bei Menschen aus diesen Ländern keine falschen Hoffnungen auf eine Zukunft in Deutschland zu wecken. Sie sei zudem „Ausdruck eines gesunden Pragmatismus.“ Laut Innenminister Horst Seehofer (CSU) hätten schon jetzt mehr als 97 Prozent der Anträge von Asylbewerbern aus den vier Ländern nur geringe Erfolgsaussichten.

Am Ende stimmten für den Entwurf 509 Abgeordnete. Mit „Nein“ votierten 138 – darunter alle anwesenden Parlamentarier von Linken und Grünen, die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, sowie elf weitere Sozialdemokraten. Vier SPD-Abgeordnete enthielten sich. Sichere Herkunftsländer sind Staaten, bei denen die Vermutung besteht, dass es dort im Regelfall weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung gibt. Bislang fallen nur die EU-Staaten, Ghana, Senegal, Serbien, das Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Albanien in diese Kategorie.

Für die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg, ist der Entwurf überflüssig, da die Asylanträge von Menschen aus diesen vier Ländern zuletzt ohnehin stark zurückgegangen seien. Gleichzeitig habe die Zahl der Abschiebungen nach Georgien und in den Maghreb deutlich zugenommen.

Die Groko will mit dieser Änderung des Asylrechts erreichen, dass über Anträge von Menschen aus diesen Staaten schneller entschieden werden kann. Auch die Abschiebung soll dadurch beschleunigt werden. Pro Asyl kritisierte, der Gesetzentwurf ignoriere eine Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wonach abgelehnte Asylbewerber die Möglichkeit haben müssten zu klagen, ohne dass sie währenddessen abgeschoben werden dürfen.

Die große Koalition war 2017 mit einem ähnlichen Entwurf zu den Maghrebstaaten im Bundesrat noch am Widerstand mehrerer Länder gescheitert, in denen Grüne oder die Linkspartei mitregieren. Damit es diesmal im Bundesrat vielleicht doch funktioniert, hatte der Innenausschuss des Bundestages den ursprünglichen Entwurf zuletzt noch einmal überarbeitet. Ausländer, bei denen das Risiko besteht, dass sie ihre Rechte im Asylverfahren nicht wahrnehmen, weil sie Hemmungen haben, ihre Fluchtgründe vorzutragen, sollen jetzt Zugang zu einer speziellen Rechtsberatung erhalten. Das können Folteropfer, Opfer von Menschenhandel, unbegleitete Minderjährige oder Homosexuelle sein, die in den Maghrebstaaten diskriminiert werden. Die Grünen erklärten jedoch, dies sei nicht ausreichend.

Der CDU-Abgeordnete Alexander Throm sagte, Abschiebungen seien nicht nur für die Grünen ein schmerzhaftes Thema, sondern auch für Politiker anderer Parteien, für die Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und für die Bundespolizisten, die diese Ausländer außer Landes bringen müssten. Die Grünen hätten „keinen moralischen Alleinstellungsanspruch“. Durch ihre Blockadehaltung bei dieser Asylrechtsänderung riskierten sie die Akzeptanz der Bevölkerung für das relativ liberale deutsche Asylrecht.

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