Bundesregierung hält sich bedeckt

Berlin. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) war voll des Lobes für die Rede von US-Präsident Barack Obama. Sie sei eine "Wendemarke in der Afghanistan-Politik" und ein "klares Bekenntnis zur international vereinbarten Strategie", verkündete er gestern

Berlin. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) war voll des Lobes für die Rede von US-Präsident Barack Obama. Sie sei eine "Wendemarke in der Afghanistan-Politik" und ein "klares Bekenntnis zur international vereinbarten Strategie", verkündete er gestern. Schon am Vortag hatte er eine Pressekonferenz anberaumt, um vorsorglich deutlich zu machen, dass in der Afghanistan-Politik kein Blatt zwischen Deutschland und die USA passt. "Wir stimmen uns engstens mit unseren Partnern ab." Zu diesem Zeitpunkt wusste Westerwelle schon, was Obama nur wenige Stunden später in seiner Rede an die Nation verkünden würde: Schon in diesem Sommer sollen die ersten US-Soldaten nach Hause zurückkehren, bis Mitte 2012 sollen es 33 000 sein. Ende 2014 sollen keine ausländischen Kampftruppen mehr im Lande sein.Über das Datum 2014 ist sich die internationale Staatengemeinschaft einig. Was die einzelnen Schritte bis dahin angeht, gibt es durchaus Unterschiede. Bundesregierung und Bundestag hatten Anfang des Jahres festgeschrieben, dass der Abzug der Bundeswehr Ende 2011 beginnen soll. Derzeit sind knapp 5000 deutsche Soldaten am Hindukusch stationiert. In welchen Schritten sie bis 2014 abgezogen werden sollen, wissen sie im Gegensatz zu ihren amerikanischen Kameraden noch nicht. Das ist das psychologische Problem, das der Obama-Plan für die Bundeswehr birgt. Daneben gibt es noch ein operatives. Im Norden Afghanistans sind die Amerikaner inzwischen genauso stark vertreten wie die Deutschen, die dort das Kommando haben. Zudem haben sie etwa 50 Hubschrauber in Masar-i-Scharif stationiert, ohne die die deutschen Truppen aufgeschmissen wären. In Berlin hofft man nun, dass sich die Auswirkungen für den Norden in engen Grenzen halten.

Die Opposition dringt auf Klarheit über den Termin für den Abzug der Bundeswehr. Dies könnten auch die Soldaten und Polizisten des deutschen Einsatzes erwarten, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier (Foto: dpa) bei einem Besuch der deutschen Truppen in Nordafghanistan. Seiner Ansicht nach hat Obama mit seiner Ankündigung Maßstäbe gesetzt. Die Europäer und auch die Deutschen müssten sich daran ein Beispiel nehmen. In einer Erklärung der Grünen hieß es gestern, Deutschland dürfe nicht "zur Nachhut der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan" werden.

Westerwelle hielt sich zum weiteren Vorgehen der Bundesregierung gestern jedoch bedeckt. "Wir haben Vorstellungen, aber wir wollen erst dann konkrete Zahlen nennen, wenn sie verkündungsreif sind", sagte er. Der Druck auf die Bundesregierung, die Abzugspläne zu konkretisieren, wird jedenfalls steigen. dpa

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