Nach seinem Kurzbesuch in Afghanistan vor über einer Woche hatte Köhler mit Äußerungen über wirtschaftliche Gründe für Bundeswehr-Einsätze Empörung ausgelöst. Oppositionspolitiker warfen ihm vor, über verfassungswidrige "Wirtschaftskriege" zu räsonieren. Später stellte sein Sprecher klar, dass Köhler sich nicht ausdrücklich auf Afghanistan bezogen habe, sondern auf den Kampf gegen die Piraterie. In seiner Rücktrittserklärung drückte Köhler sein Bedauern darüber aus, dass seine Worte "Missverständnisse" hervorrufen konnten. Er betonte aber: "Diese Kritik entbehrt jeder Rechtfertigung."

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauerte Köhlers Entschluss "aufs Allerhärteste". Sie habe vergeblich versucht, den Rücktritt zu verhindern. Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) sagte, wie es nun weitergehe, werde "streng nach den Regeln der Verfassung" zu besprechen sein. Die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir zeigten sich "überrascht und erstaunt" über den Rücktritt, der sich "nur mit einer allgemeinen Amtsmüdigkeit erklären" lasse. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi zeigte kein Verständnis für die Entscheidung: "Auch der höchste Repräsentant der Bundesrepublik muss sich öffentlicher Kritik stellen."

Wer Nachfolger Köhlers wird, ist völlig offen. Die Spitzen der Koalition wollen darüber heute im Kanzleramt beraten. > Seite A 2 und A 3: Berichte, A 4: Meinung ddp/dpa