Haushaltspläne des Finanzministers Olaf Scholz unter Beschuss

Berlin · Die Haushaltspläne des Finanzministers sorgen im Bundestag für Ärger — insbesondere der relativ niedrige Wehretat ist umstritten. Der US-Botschafter erneuert derweil seine Kritik an Deutschland.

 Bundesfinanzminister Olaf Scholz eckt mit seinen Haushaltsplänen heftig an.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz eckt mit seinen Haushaltsplänen heftig an.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Das letzte Wort ist für Alexander Dobrindt noch nicht gesprochen. Zwar sei der Haushaltsentwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für kommendes Jahr „in weiten Teilen gelungen“, meinte der CSU-Landesgruppenchef gestern. Doch den Finanzplan bis 2023 mache sich die Union „ausdrücklich nicht zu eigen“. Das hat vor allem einen Grund, der jetzt auch die Amerikaner erneut erzürnt, namentlich US-Botschafter Richard Grenell: Die von Scholz geplanten Ausgaben für Verteidigung sind aus Sicht der Kritiker zu dürftig.

Am heutigen Mittwoch will der Minister in der Bundespressekonferenz seine Etatpläne vorstellen – und dann wird er auch auf die Kritik antworten müssen, die nach Bekanntwerden seiner Eckpunkte auf ihn eingeprasselt ist. Vom Kabinettskollegen Gerd Müller (CSU) zum Beispiel, der wie viele Hilfsorganisationen massive Finanzlücken bei der internationalen Krisenbewältigung befürchtet, weil Scholz den Entwicklungsetat erst einfrieren und dann absenken will. Oder von den Bundesländern, die die harten Kürzungen bei den Integrationskosten und der Flüchtlingshilfe beklagen.

Dobrindt warnte also: Es sei zwar richtig, bei der Zukunft des Haushalts auf Sicht zu fahren. Nach der Steuerschätzung im Mai müsse man sich aber die Lage noch mal „im Detail“ anschauen. Freilich machte der CSU-Mann gleich das nächste Fass auf: Er plädierte dafür, eventuell auch über ein Konjunkturpaket nachzudenken. Konkreter wollte Dobrindt nicht werden, es gehe aber um „Impulse“, um in Zeiten ökonomischer Eintrübung das Wachstum „zu reizen“. Zum Nulltarif gibt es ein solches Paket auch nicht. Der Koalition könnte die nächste hitzige Debatte ins Haus stehen.

Besonders groß war die Aufregung um die Scholz-Pläne hinsichtlich des Wehretats. Im kommenden Jahr will er den Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,35 Prozent zwar nochmals leicht auf 1,37 Prozent anheben, so weit so gut. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) bekommt mehr Geld. Doch in den Jahren bis 2023 sinkt der Anteil am BIP wieder bis auf 1,25 Prozent. Das ist insofern heikel, weil die Regierung bis zum Jahr 2024 eigentlich 1,5 Prozent als Ziel ansteuert. Ursprünglich hatte sich Deutschland innerhalb der Nato sogar zu einem Anteil der Wehrausgaben von zwei Prozent verpflichtet. Mit markigen Worten war die Kanzlerin von US-Präsident Donald Trump mehrfach aufgefordert worden, die Zusage endlich einzuhalten.

Trumps Berliner Sprachrohr, US-Boschafter Richard Grenell, erneuerte gestern die Forderung. „Dass die Bundesregierung sogar darüber nachdenkt, ihre ohnehin schon inakzeptablen Verpflichtungen zur militärischen Einsatzbereitschaft zu reduzieren, ist ein besorgniserregendes Signal an Deutschlands 28 Nato-Verbündete“, ließ er wissen. Grenell hatte schon mehrmals mit kritischen Äußerungen für Ärger gesorgt. So verlangte er etwa einen Stopp des Pipeline-Projekts Nord Stream 2 in der Ostsee, über das Deutschland und Europa zusätzlich mit russischem Erdgas versorgt werden soll, und sprach über Sanktionen für beteiligte Firmen. Oder er drohte der Bundesregierung mit Abbruch der Sicherheitszusammenarbeit, falls es eine chinesische Beteiligung beim Aufbau des 5G-Netzes gebe. Auch wenn die Planungen von Scholz „nicht unserer Position entsprechen“, Ratschläge von Grenell benötige man nicht, meinte daraufhin Dobrindt. Auch andere Politiker verbaten sich die Einmischung in interne Angelegenheiten. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider nannte den Diplomaten sogar einen „Totalausfall“ und sprach von einer „plumpen Provokation“ eines „Flegels“. Noch härter ging FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki mit dem Amerikaner ins Gericht. Er führe sich wie „ein Hochkommissar einer Besatzungsmacht“ auf, wetterte Kubicki. Grenell müsse „unverzüglich zur Persona non grata“ erklärt werden, was bedeuten würde, dass er das Land verlassen müsste.

 Ein Soldat bei einer Übung in Afghanistan. Ob Deutschland seine der Nato zugesagte langfristige Erhöhung des Wehretats einhalten kann, ist angesichts der aktuellen Haushaltsplanungen des Finanzministers fraglich.

Ein Soldat bei einer Übung in Afghanistan. Ob Deutschland seine der Nato zugesagte langfristige Erhöhung des Wehretats einhalten kann, ist angesichts der aktuellen Haushaltsplanungen des Finanzministers fraglich.

Foto: picture alliance / dpa/dpa Picture-Alliance / Can Merey

Hingegen gab Unions-Fraktionsvize Johann Wadepuhl dem hochrangigsten US-Diplomaten in Deutschland „leider Recht“ (siehe Interview). Was der Finanzminister vorgelegt habe, so Wadepuhl zu unserer Redaktion, widerspreche den Zusagen „und würde das Vertrauen des Bündnisses in Deutschland weiter erschüttern“ . Scholz hat also einiges zu erklären heute vor der Presse.

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