Kampf gegen Altersarmut Von der Grundrente zur „Respekt-Rente“

Berlin · Weniger Altersarmut – das ist das erklärte Ziel von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Zu diesem Zweck will er die Altersvorsorge für Geringverdiener aufstocken. Doch wie kann das funktionieren?

 Die aktuellen Rentenpläne sollen ein leeres Portmonnaie im Alter verhindern. 

Die aktuellen Rentenpläne sollen ein leeres Portmonnaie im Alter verhindern. 

Foto: dpa/Stephanie Pilick

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant eine „Respekt-Rente“, um Geringverdiener im Alter besser zu stellen. Doch das Vorhaben hat Tücken. Von der Opposition kommt Kritik. Einst hieß das Projekt „Zuschussrente“. Später wurde daraus die „solidarische Lebensleistungsrente“. Verwirklicht wurde sie nie. In ihrem aktuellen Koalitionsvertrag versprechen Union und SPD einen neuen Anlauf. Diesmal unter dem Begriff „Grundrente“. Dem Vernehmen nach soll das Projekt noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet werden. Gegenwärtig werde an einem „praxistauglichen Gesetzentwurf gearbeitet“, hieß es gestern aus Heils Ressort. Im Kern gehe es darum, „Altersarmut zu begrenzen“. Erste Überlegungen gibt es bereits – und auch eine weitere Wortschöpfung: Heil nennt die „Grundrente“ jetzt „Respekt-Rente“. Aus Respekt vor dem, „was Menschen in ihrem Leben geleistet haben“, wie der Minister kürzlich erklärte.

Schon in der Vergangenheit gab es ein Modell, mit dem Niedrigverdiener ihre gesetzlichen Altersbezüge aufgewertet bekamen. Diese sogenannte Rente nach Mindesteinkommen sah vor, dass, wer wenigstens 25 Jahre lang gearbeitet hat, so viel Rente erhält, als hätte er 75 Prozent des Durchschnittlohns verdient und entsprechend Beiträge gezahlt. Über eine Neubelebung dieser Bestimmung wird jetzt auch im Zusammenhang mit der „Respekt-Rente“ diskutiert.

Als wahrscheinlicher gilt derzeit aber ein anderes Modell: Die Einführung einer Freibeitragsregelung bei der Grundsicherung im Alter. Im Ergebnis kämen auf den Regelsatz (aktuell 424 Euro im Monat plus Mietkosten) etwa 100 Euro oben drauf. Laut Koalitionsvertrag jedoch nur für jene, die mindestens 35 Beitragsjahre vorweisen können. Vor dem Hintergrund der Landtagswahlen in Ostdeutschland gibt es in Unionskreisen jetzt allerdings die Forderung, hier die Hürde niedriger zu hängen. Weniger Beitragsjahre würden dann wohl zu einem geringeren Aufschlag auf die Grundsicherung führen. „Da ist noch viel im Fluss“, meinte ein CDU-Mann. In jedem Fall soll es aber eine Bedürftigkeitsprüfung bei den Betroffenen geben.

Der rentenpolitische Sprecher der Grünen, Markus Kurth, sieht generell einen Irrweg. „Mit Respekt-Rente hat das nichts zu tun. Das ist eine Beschönigung, denn die Leute beziehen trotzdem weiter Grundsicherung“, sagte Kurth unserer Zeitung. Die Pläne liefen vielmehr auf eine Kombi-Rente hinaus. Das sei gefährlich, „denn damit kann die Stabilisierung des Rentenniveaus für alle Rentner aus dem Blick geraten“. Wenn immer mehr Menschen in die Kombination aus Versicherungsleistung und staatlichen Transfers fielen, werde die Rentenversicherung kontinuierlich geschwächt, argumentierte Kurth. „Dann würden sich auch immer mehr Menschen fragen, warum sie einen Rentenbeitrag zahlen sollen, wenn die Rente nicht vor Armut schützt.“

Laut Rentenversicherung waren Ende 2017 gut 544 000 Menschen jenseits der Regelaltersgrenze auf staatliche Grundsicherung angewiesen. Etwa jeder Fünfte von ihnen (22 Prozent) sogar ausschließlich. Das heißt, diese Menschen haben in ihrem Leben praktisch kaum oder nie versicherungspflichtig gearbeitet. Für sie kommt ein Aufschlag bei den Altersbezügen deshalb auch nicht in Betracht – ganz gleich, wie der am Ende genannt wird.

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