Bürger sollen schneller ihr Recht bekommen

Berlin/Saarbrücken. Bürger und Unternehmen sollen sich besser wehren können, wenn sich Gerichtsverfahren und Ermittlungen zu lange hinziehen. Ein Gesetzentwurf, den Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP, Foto: dpa) gestern vorlegte, sieht in diesen Fällen Schadenersatz und Wiedergutmachung vor

Berlin/Saarbrücken. Bürger und Unternehmen sollen sich besser wehren können, wenn sich Gerichtsverfahren und Ermittlungen zu lange hinziehen. Ein Gesetzentwurf, den Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP, Foto: dpa) gestern vorlegte, sieht in diesen Fällen Schadenersatz und Wiedergutmachung vor. Für jeden Monat Verzögerung soll eine Entschädigung von 100 Euro fällig werden. Zudem könnten Betroffene eine "Verzögerungsrüge" gegen das Gericht erheben. Besonders säumige Gerichte sollen künftig im elektronischen Bundesanzeiger angeprangert werden. Mit der Reform werde eine Lücke im Rechtsschutz geschlossen, so die Ministerin.

Die Neuregelung soll alle Verfahrensarten betreffen - mit Einschränkungen auch strafrechtliche Ermittlungen und Prozesse. Allerdings gibt es keine klare Zeitangabe, wann ein Verfahren als verzögert gilt. Viele Gerichte klagen seit langem über Personalmangel und Überlastung. Die Reform könnte nun auch zu Neueinstellungen führen - und damit zu höheren Kosten für die Länder.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte Deutschland wiederholt verurteilt, weil Prozesse zu lange dauerten. Im Bundesschnitt sind Strafprozesse vor Amtsgerichten nach vier Monaten beendet, Zivilsachen dauern 4,5 Monate. Im Saarland müssen Betroffene etwas länger warten: Der Schnitt für Strafverfahren liegt bei 5,8 und für Zivilprozesse bei 5,3 Monaten.

Der Deutsche Anwaltverein begrüßte die Pläne der Ministerin und forderte eine bessere Ausstattung der Gerichte. Das saarländische Justizministerium dagegen ging auf Distanz. Die Bestrebungen berührten "unmittelbar die richterliche Unabhängigkeit", hieß es auf SZ-Anfrage. Für den Richterbund Saar kritisierte Verbandschef Werner Kockler, Richter könnten sich unter Druck gesetzt fühlen: "Ich fürchte, dass die Qualität von Entscheidungen darunter leiden wird." Auch der Präsident des Saarländischen Oberlandesgerichts, Roland Rixecker, nannte das Vorhaben "bedenklich". , Interview und Meinung dpa/afp/kir

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